Irgendwo abgelegen auf einem Hochplateau in den neblig-feuchten Bergen, über den Wolken, in einer unwirtlich-rauen Landschaft: Hier befindet sich der erste Schauplatz des Films «Monos» (spanisch für «Affen»). Nur ein konkreter Hinweis wird gegeben: «Lateinamerika. Gegenwart». Es bleibt anfangs rätselhaft, was die Menschen in den Eingangsszenen da treiben oder wer sie sind.
Man sieht, wie acht junge Männer und Frauen eine eigenartige Variante von Fussball spielen. Sie tun es mit verbundenen Augen, am Ball ist zur Orientierung ein Glöckchen befestigt. Ein anderes Mal schlagen sie mit Gürteln auf einen der Gruppe ein: eine Art Initiationsritus zum 15. Geburtstag. Die Jugendlichen nennen sich Rambo, Bigfoot, Lady, Schlumpf oder Wolf.
Ein kleinwüchsiger drahtiger Mann taucht auf. «Mensajero» (Bote) ist zum militärischen Drill zur Gruppe gestossen, gibt Befehle und vertraut den Jungen leihweise eine Kuh an, damit sie Milch haben. Sie trägt den Namen Shakira (wie die kolumbianische Popsängerin). Dummerweise tötet Wolf, der Anführer der Gruppe, das Tier beim blinden Herumschiessen. Er übernimmt die Verantwortung und zieht für sich die tragischen Konsequenzen.
Die Gruppe ist ein «Kommando», das Instruktionen von der Zentrale der «Organisation» per Funkgerät erhält. Nach dem nächtlichen Angriff eines mysteriösen Feindes lautet der Befehl, sich hinunter in den Dschungel zu begeben. Mit ihnen geht auch ihre Geisel, eine nordamerikanische Frau, die sie «Doctora» nennen. Ihr gelingt die Flucht aus dem Dschungelcamp, doch nicht für lange.
Das Ungewisse macht den Reiz des Films aus
Bigfoot wird der neue Anführer, der die Gruppe autonom machen will («Wir sind unsere eigene Organisation»). Die Konflikte nehmen zu, es gibt Abweichler und tödlich endende Kämpfe zu beklagen.
Vieles bleibt im Ungefähren in diesem Film. Das macht gerade dessen Reiz aus. Der in Ecuador und Kolumbien aufgewachsene Regisseur Alejandro Landes hat das Ungewisse bewusst gewählt: «Die Idee war es, von der Geschichte bis zur Ausstattung eine zeitlose Welt an einem unbestimmten Ort zu entwerfen – weit weg von allem.» So haben er und sein Filmteam «eine in sich geschlossene Welt» geschaffen, «die nach eigenen Regeln funktioniert». Und in der sich Universelles abspielt, wo menschlich Abgründiges und die Frage von Macht Thema werden. Vermittelt wird es in einem bildgewaltigen, filmischen Fiebertraum von seltener Eindringlichkeit.
Für die Rolle des «Mensajero» wurde mit Wilson Salazar ein abtrünniges Mitglied der kolumbianischen Farc-Guerilla verpflichtet. Teile des Films wurden vier Autostunden von der kolumbianischen Hauptstadt Bogotà entfernt in einem Nationalpark auf 4000 Metern gedreht. Doch es könnte auch irgendwo sein.
Monos
Regie: Alejandro Landes
Ab Do, 22.8., im Kino