Sie ist vif, witzig, engagiert: Erica Jong, Jahrgang 1942, hat nichts von ihren Qualitäten verloren, die sie seit langer Zeit auszeichnen. Die kämpferische US-Amerikanerin ist ein Star des Literaturbetriebs – und sie ist ihren Ideen treu geblieben.
Mit Archivaufnahmen aus TV-Talkshows aus den 1970er-Jahren erinnert der Film an Erica Jongs Anfänge, als sie dank ihrem internationalen Bestseller «Angst vorm Fliegen», ihrem ersten Buch, mit 31 Jahren weltberühmt und zur feministischen Ikone wurde.
Sie gilt als Pionierin, die sich für Dinge starkmachte, die heute etwa weibliche Selbstermächtigung genannt werden. Sie setzt sich ein für Gleichberechtigung, gesellschaftlich, politisch, privat. Letzteres heisst: Gleichberechtigung auch beim Sex, wie sie es in ihrem epochalen Buch von 1973 thematisiert. Ihr Buch sei eines «über eine Frau, die es wagt, aus ihrem Leben auszubrechen», sagt sie in der Rückschau. Nach wie vor gilt für sie: «Es ist wichtig, Mauern niederzureissen.»
Hautnahe Einblicke in das Leben von heute
Erica Jong blickt an einer Stelle im Filmporträt zurück auf ihre Beschäftigung mit der Satire des 18. Jahrhunderts während ihres Literaturstudiums, um für sich selber zu erkennen: «Ich geissle die Welt, um sie zur Vernunft zu bringen.» Es bleiben Fragen im Zusammenhang mit dem von ihr so intensiv verfolgten Thema Frauenbefreiung. Wirklich frei seien die Frauen noch immer nicht – «darum schreibe ich weiter ».
Sie befindet sich auf einer Mission, «als ob ich getrieben wäre, die Menschen aufzurütteln ». Erica Jong macht weiter. Sie hält etwa eine engagiert-witzige Rede in der Öffentlichkeit. Bei sich zu Hause empfängt sie eine junge Ägypterin, die ihr erzählt, wie wichtig ihre Bücher für die Freundinnen in ihrem Heimatland seien. Jong spricht mit jungen Frauen an der Uni im «Schreibzentrum», einer Art literarischem Institut, das sie finanziell unterstützt.
Dabei gibt die berühmte Autorin gegenüber den Anfängerinnen zu, dass auch sie immer noch Angst habe bei jedem neuen Buch: «Ist es gut genug? Wird es jemand veröffentlichen? » Der Film gibt hautnahe Einblicke in Jongs heutiges Leben und zeigt etwa, dass auch eine Prominente mit Alltagsproblemen zu kämpfen hat: wie sie in ihrer grossräumigen Wohnung in New York schon mal einen Waschmaschinen-Defekt zu beklagen hat und ebenso verzweifelt wie genervt telefonisch einen Handwerker zu erreichen versucht.
Und das Publikum erlebt Erica Jong privat, mit ihren Hunden, ihren Enkelkindern, zusammen mit ihrem vierten Ehemann Ken, beim Yoga, wo sie sich äusserst gelenkig zeigt.
«Ich habe einen utopischen Traum»
Zum Schluss wendet sie sich an den Schweizer Dokumentarfilmer. Ihm hat sie für den allerersten Kinofilm über sich das Vertrauen geschenkt. «Ich habe einen utopischen Traum: Die Wahrheit kann uns befreien.»
Erica Jong – Breaking The Wall
Regie: Kaspar Kasics CH 2022, 96 Minuten
Ab Do, 5.1., im Kino