Corona-Filme, in denen Figuren Masken tragen, gab es noch nicht allzu viele. In «Dumb Money», basierend auf dem Buch von Ben Mezrich, fällt das insofern auf, als der Film scheinbar beiläufig von der Pandemie erzählt – aber genau damit ins Schwarze trifft. Am Anfang steigen wir in den Computerkeller des jungen Familienvaters Keith Gill (Paul Dano), der unter Pseudonymen wie Roaring Kitty und DeepFuckingValue auf seinen Social-MediaVideokanälen Aktien der maroden Videospielkette GameStop anpreist.
Da geschieht Erstaunliches, denn Tausende von Fans beschliessen, dem Beispiel des Mannes mit dem roten Stirnband zu folgen. So steigen nicht nur dessen Anfangsinvestitionen von 50 000 Dollar zwischenzeitlich auf einen Wert von fast 48 Millionen Dollar. Auch die armen Schlucker sind virtuell plötzlich vermögend. Nun beginnt in «Dumb Money» (in den USA ein abschätziger Begriff für Kleinanleger) ein Davidgegen-Goliath-Kampf. Auf der einen Seite stehen die HedgefondsManager, die mit Leerverkäufen auf den Fall der GameStop-Aktie gewettet haben.
Das heisst, sie verkauften im grossen Stil geliehene Aktien des Unternehmens, um diese später mit Gewinn zurückzukaufen. Aber die OnlinePhalanx von Kleinanlegern auf der anderen Seite will ihre Papiere einfach nicht abstossen und bringt so die Börsenprofis in Geldnöte.
Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich
Klingt kompliziert? Sagen wir so: Der Film von Craig Gillespie («I, Tonya») wandelt auf den Spuren von satirischen Wirtschaftskrimis à la «The Big Short». Aus europäischer Sicht ist das insofern problematisch, als die ständigen TV-Einblender sowie das Übermass an Tabellen und Fachbegriffen («Short Squeeze») ermüden können. Wer sichergehen will, dass er alles versteht, sollte vor dem Kinobesuch eine Weiterbildung in Finanzen absolvieren.
Um die Stärken des Films zu erkennen, ist das aber nicht nötig. Denn erstens verkörpert Paul Dano den Kämpfer gegen das Establishment mit viel Lausbubencharme. Und zweitens ist Corona zwar präsent in dieser Geschichte, aber man kann immer nur ahnen, welches Leid die Figuren durchmachen (oder eben nicht durchmachen) müssen. Da öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich beträchtlich, und das macht die Klasse von «Dumb Money» aus.
Dumb Money
Regie: Craig Gillespie, USA 2023,
104 Minuten, ab Do, 26.10., im Kino
Der absonderliche Paul Dano
Wer ihn auf der Leinwand sieht, tippt erst mal auf einen Nerd. Tatsächlich ist der 39-jährige US-Amerikaner Paul Dano für eher abseitige Rollen bekannt: Im Publikums-Hit «Little Miss Sunshine» (2006) spielte er den notorisch schweigsamen Bruder eines pummeligen Mädchens, das an einer Misswahl teilnehmen will.
In «Swiss Army Man» (2016) wiederum war er ein suizidaler Schiffbrüchiger, der ausgerechnet dank einer furzenden Leiche (Daniel Radcliffe) neuen Lebensmut fasst. Danos wohl absonderlichste Performance ist aber die des Bösewichts Riddler in «The Batman» (2022). Wenn der in seiner Zelle seine krude Weltanschauung herausstöhnt, ist das zum Fürchten. Wobei Dano an diesem Part angeblich so sehr Gefallen fand, dass er nun selbst an einem mehrbändigen Comic über den Riddler arbeitet.
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