Ein Mann in Uniform verbrennt im Dschungel im Kampf gefallene Männer. Mit diesen Bildern beginnt der Film «Dheepan» von Jacques Audiard. Der Regisseur nimmt den Zuschauer nach Sri Lanka mit, wo zwischen Regierungstruppen und den rebellischen Tamil Tigers Bürgerkieg herrscht. Sivadhasan, der Mann aus dem Dschungel, hat Frau und Kind im Krieg verloren. Er nennt sich jetzt Dheepan. Dieser Name steht im Pass, den er in einem Flüchtlingslager erhält. Hier sucht die junge Yalini ein Kind, irgendeines ohne Angehörige. Sie findet die neunjährige Waise Illayaal. Und einen Mann – Dheepan. Sie bilden fortan eine kleine Zweck- oder Schicksalsgemeinschaft. Denn als falsche Familie ist es einfacher, Flüchtlingsstatus zu erhalten und das Land verlassen zu können. Mit dem Schiff geht es auf die Reise.
Yalini möchte eigentlich nach England, wo sie Verwandte hat. Die drei landen aber in Frankreich. Ausserhalb von Paris, draussen in den Banlieues erhält Dheepan eine Anstellung als Hauswart einer heruntergekommenen Siedlung. Der Ort hat einen konkreten Namen: Le Pré-Saint-Gervais ist allerdings mehr trostloser Beton als Wiese (pré).
Ein geduldiger Schwarzer erklärt Dheepan seine Aufgaben. Im Haus auf der gegenüberliegenden Seite hat es einen Raum, den er nur zu bestimmten Zeiten reinigen darf. Das wird ihm unmissverständlich klargemacht. Hier ist das Reich der Drogendealer, die keine Störungen dulden. Yalini kommentiert das rege Drogen-Treiben trocken: «Es ist wie im Kino.»
Unerwarteter Gewaltakt
Aus dem heimatlichen Krieg geflohen, finden sie sich unverhofft wieder in einem Konfliktgebiet. Und die Vergangenheit holt sie ein. Ein ehemaliger Offizier der Tamil Tigers taucht auf und will von Dheepan Geld für Waffen. «Es ist vorbei», lautet Dheepans deutliche Antwort. Eines Tages steckt er mit weisser Farbe ein Gebiet ab zwischen den Häusern und erklärt es zur «No Fire Zone». Hier soll es keine Gewalt geben, die allgegenwärtig ist im Quartier. Dheepans guter Wille wird nicht belohnt.
So bricht auf, was er hinter sich gelassen hatte. Dheepan, der ehemalige Kämpfer im Bürgerkrieg auf der Seite der Tamil Tigers, eine gequälte Seele, drangsaliert von den Dealern, entschliesst sich zu einem unerwarteten Gewaltakt mit Machete und Pistole in den Händen. Das könnte das Ende sein. Doch der Film hält in einem Epilog hoffnungsvolle Schlussbilder bereit. Sie zeigen Familienszenen mit Dheepan, Yalini und Illayaal, in England.
Der Film ist ein Stück weit eine wahre Geschichte: Antonythasan Jesuthasan, der Darsteller von Dheepan, war Kindersoldat in Sri Lanka. Ende der 1980er-Jahre floh er nach Frankreich. Hier hat er es zum anerkannten Schriftsteller gebracht. In diesem Film spielt Jesuthasan seine erste Hauptrolle.
Dheepan
Regie: Jacques Audiard
Ab Do, 29.10., im Kino