Dieser Regisseur erzählt Geschichten, die kaum unterhalten. Und dies mit grossem Erfolg, was für das Können von Raoul Peck spricht. Der 64-jährige Haitianer hat Dokfilme über den kongolesischen Politiker Patrice Lumumba und den Völkermord in Ruanda gedreht. Kürzlich ist «I Am Not Your Negro» angelaufen, seine Oscar-nominierte Dokumentation über die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA.
Und nun also Karl Marx. Peck nimmt sich der Jugendjahre des Philosophen und Ökonomen aus Trier an, als dieser sich stürmend und drängend dazu anschickte, die Gesellschaft zu verändern. Marx’ Leben (1818–1883) war tumultuös und geprägt von Armut und Hunger, politischer Verfolgung sowie der Flucht nach Paris, Brüssel, London. Das Überleben schaffte der aktive, aber brotlose Schreiber dank seiner Ehefrau Jenny, die ihm den Rücken freihielt.
Zwei eindrückliche Biografien
Parallel erzählt Raoul Peck vom Fabrikantensohn Friedrich Engels, der sich seinem Vater entgegenstellt und mit dessen Arbeitern sympathisiert. Marx und Engels lernen sich in Paris kennen und schliessen sich der chaotischen Arbeiterbewegung an. Letztlich schaffen sie es, diese zur Kommunistischen Liga zu einen und die Revolutionen von 1848 zu lancieren.
Es ist das Verdienst von Raoul Peck, die vertrackt-verästelte Geschichte dieser Bewegung anhand zweier eindrücklicher Biografien zu erzählen. Er tut dies auf bildgewaltige, aber intellektuelle Weise. Um alle historischen Zusammenhänge zu verstehen, muss man den Film mehrmals schauen. Leicht machen es einem die fantas-tisch spielenden Protagonisten: August Diehl als Karl Marx, Stefan Konarske als Friedrich Engels, Vicky Krieps als Jenny Marx sowie Hannah Steele als Engels’ Geliebte Mary Burns.
Über weite Strecken bleibt der Film interessant und spannend. Gegen Schluss driftet Peck leider in verklärendes Pathos ab. Dass zum Abspann dieses Historiendramas Bob Dylans «Like A Rolling Stone» erklingt, ist schlicht unerträglich.
Der junge Karl Marx
Regie: Raoul Peck
Ab Do, 11.5., im Kino