Die französische Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin Maïwenn («Polisse») hat den Plan zu einem Film über die Versailles-Kurtisane Jeanne du Barry (1743–1793) mehrere Jahre lang verfolgt. Auslöser für ihre Leidenschaft war der Film «Marie Antoinette» (2006) von Sofia Coppola. Darin hatte Jeanne noch einen kurzen Auftritt, bis die designierte Königin aus Österreich zu ihrer Rivalin wurde und Jeannes Tage gezählt waren. In ihrem neuen Film «Jeanne du Barry» verkörpert nun Maïwenn die Titelfigur gleich selbst.
Jeanne schafft den sozialen Aufstieg
«Jeanne du Barry zieht mich in ihren Bann, weil sie eine wunderbare Verliererin ist», sagte Maïwenn in einem Interview. Jeanne ist von geringem Stand und schafft den sozialen Aufstieg – gegen alle Widerstände und zu einem hohen Preis. Für Maïwenn ist die Geschichte ihres Films «eine zeitlose und moderne Erzählung, ohne dass man es übertreiben muss.
Was Jeanne erlitten hat, findet in unserer heutigen Zeit einen direkten Widerhall»: So versteht die Regisseurin ihren Film auch als aktuelles Werk. Wobei sie damit «etwas Klassisches, Schönes, Reines» machen wollte. Jeanne kommt aus der Gosse, und man lässt sie es spüren, auch wenn sie durch die Heirat zur Comtesse du Barry an den Hof gelassen wird.
Versailles ist der Inbegriff der Intrigen, der Dekadenz und der steifen Zeremonien mit lächerlichen Ritualen und noch lächerlicheren Frisuren und Gewändern. Man schaut auf Jeanne herab, nennt sie «die Kreatur». Sie wird nicht nur offiziell «des königlichen Bettes würdig» sein, sondern auch die wahre Liebe des Regenten gewinnen. Bei aller Tragik: Jeanne verlebt vier glückliche Jahre bei Hofe.
Johnny Depp in gut antrainiertem Französisch
«Jeanne du Barry» ist analog auf 35-mm-Film gedreht – mit Bildern wie Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, montiert in einem langsamen Rhythmus. Darin bewegt sich ein glänzendes Ensemble mit unter anderem Pierre Richard als Duc de Richelieu, Melvil Poupaud in der Rolle des Comte du Barry oder India Hair, die Ludwigs jüngste und im Vergleich zu ihren drei hässlichen Schwestern auch schöne Tochter Adélaïde spielt.
Es mag überraschen, den 60-jährigen US-Schauspielstar Johnny Depp («Pirates Of The Caribbean») als französischen König zu erleben. Doch Depp macht seine Sache gut. Nachdem einige französische Schauspieler abgesagt hatten, kam Maïwenn auf ihre Traumwunschliste für die Rolle zurück, wo Depp an erster Stelle stand. Dieser hat gleich zugesagt. Viel Text hat er nicht, vieles läuft über Schweigen und Blicke, aber wenn er spricht, tut es Johnny Depp in gut antrainiertem, akzentfreiem Französisch.
Sein Ludwig XV. sieht bisweilen aus wie eine Mischung aus Helmut Berger und Ozzy Osbourne. Wer sich vom Pomp und der Affektiertheit dieser Welt des 18. Jahrhunderts nicht abschrecken lässt, entdeckt einen durchaus sehenswerten Film über das zeitlose menschliche Schicksal einer Frau, die liebte und litt.
Jeanne du Barry
Regie: Maïwenn F 2023, 116 Minuten
Ab Do, 17.8., im Kino