Film: Das Stillsein war lebensrettend
Der Dokfilm «L’art du silence» würdigt das Werk des französischen Pantomimen Marcel Marceau und zeigt, wie Leben und Kunst einander beeinflussen.
Inhalt
Kulturtipp 11/2022
Urs Hangartner
Maurizius Staerkle Drux’ massgebliche Motivation für seinen Film liegt in der eigenen Biografie. Der 34-jährige Regisseur ist der Sohn des gehörlosen Pantomimen Christoph Staerkle. «L’art du silence» stützt sich auf Archivmaterial und auf Begegnungen mit Familienmitgliedern: Marceaus dritte Frau Anne, seine beiden Töchter Aurélia und Camille sowie Enkel Louis.
Staerkle packt viel aufs Mal in seinen Film. Doch es hat genug ...
Maurizius Staerkle Drux’ massgebliche Motivation für seinen Film liegt in der eigenen Biografie. Der 34-jährige Regisseur ist der Sohn des gehörlosen Pantomimen Christoph Staerkle. «L’art du silence» stützt sich auf Archivmaterial und auf Begegnungen mit Familienmitgliedern: Marceaus dritte Frau Anne, seine beiden Töchter Aurélia und Camille sowie Enkel Louis.
Staerkle packt viel aufs Mal in seinen Film. Doch es hat genug lohnende Aspekte, auch bisher kaum Bekanntes, das am Fall Marcel Marceau aufzeigt, wie Leben und Kunst einander beeinflussen können.
Am Anfang stand Charlie Chaplin, das bewunderte Vorbild. Und ganz zum Schluss seines Lebens, gesundheitlich stark angeschlagen, wollte Marceau nur noch Chaplin-Filme sehen, wie seine Frau erzählt.
Georges Loinger berichtet vor der Kamera an der Seite seines Sohnes Daniel, wie er und sein Cousin Marcel ab 1943 Pässe fälschten und 350 jüdischen Kindern, darunter Daniel, zur Flucht in die Schweiz verhalfen. Das Stillsein, die Verständigung nur mit Mimik und Gestik – das war für die Kinder lebensrettend. Marceau hatte sie vor der gefährlichen Reise entsprechend instruiert.
Marcel Marceau (1923–2007) wurde als Sohn jüdischer Eltern in Strassburg geboren; die Mutter war aus der Ukraine, der Vater aus Polen eingewandert. Vater Charles Mangel starb in Auschwitz. In der Résistance hatte sich der junge Marcel Mangel in Marcel Marceau verwandelt: Er änderte den Familiennamen in seinen «nom de guerre» – sein Deckname im Widerstand und sein späterer Künstlername. Unter diesem sollte er weltberühmt werden, nicht zuletzt durch seine 1947 geschaffene Figur Bip. Marcel Marceau, Künstler, Humanist und Pazifist, war eine Inspiration für viele nach ihm. In historischen Aufnahmen sieht man auch, wie der Pantomime Michael Jackson trifft. Dessen berühmter Moonwalk ist nichts weiter als eine Bewegungsfigur von Marceau – einfach rückwärts.
L’art du silence
Regie: Maurizius Staerkle Drux
CH/D 2021, 82 Minuten
Ab Do, 19.5.