In die Gegenwartshandlung des Films, der 1969 spielt, sind wiederholt Rückblenden eingestreut. Sie führen ins Jahr 1938. In der Studiokulisse von «The Wizard Of Oz» nimmt der mächtige Filmproduzent Louis B. Mayer von MGM die 16-jährige Judy ins Gebet. Er hält die junge Frau, welche die Hauptrolle spielt, zu mehr Disziplin an: «Dein Job ist es, den Menschen Träume zu geben.» Und: «Mit deiner Stimme verdienst du eine Million, bevor zu 20 bist.»
Schöne Aussichten. Aber zu welchem Preis? Selbst an ihrem Geburtstag darf Judy nicht vom Kuchen essen. Hamburger sind verboten. Sie muss schlank werden und bleiben. Und um «fit» zu sein, verabreicht man ihr gerne mal die passende Pille. Das Suchtkarussell wird sie im späteren Leben schicksalhaft begleiten: ein Wechsel von Beruhigungspillen und Aufputschmitteln, von Schlankmachern und Alkohol.
Im Jahr 1969, 30 Jahre nach dem Film «The Wizard Of Oz», hat Judy Garland die Bürde ihrer Dämonen weiterhin zu tragen. Der in den besten Jahren international gefeierte Star kämpft mit Sucht- und Geldproblemen, dazu droht die Trennung von ihren beiden Kindern aus vierter Ehe. Ihre Tochter Liza Minnelli ist schon erwachsen.
Der Stern in ihrer Heimat sinkt
Bei einer Gesangsperformance sieht man Judy Garland mit ihren beiden Kindern in einem kleinen Lokal. Gage: 150 Dollar. Im Hotel steht ihr Zimmer nicht mehr zur Verfügung, wie man ihr zu verstehen gibt. Grund: ausstehende Zahlungen. Judy weiss es selber, ihr Stern ist in ihrer Heimat USA definitiv tief gesunken. Anders in England. Hier will man sie buchen, fünf Wochen en suite, im Musiktheater Talk of the Town. Judy entscheidet sich für London und muss ihre Kinder schweren Herzens in den USA zurücklassen. In London hat sie fünf Wochen lang volles Haus. Fast scheint alles gut zu kommen. Doch der Erfolg bleibt trügerisch, denn es besteht nach wie vor ein Graben zwischen künstlerischem Ruhm und persönlichen Nöten. Zwar zeigt sich eine neue Liebe, und es besteht Aussicht auf ein ökonomisches Erfolgsmodell. Doch alles zerschlägt sich.
Auf der Bühne kann Judy brillieren. Aber sie bricht auch zusammen oder hört mitten im Auftritt auf. So auch ganz zuletzt bei «Over The Rainbow», wenn sie den Song nicht zu Ende bringt. Das Publikum tut es an ihrer Stelle. Judy Garland stirbt sechs Monate nach ihrem letzten Auftritt in England. Todesursache: Überdosis Schlaftabletten. Sie wurde 47 Jahre alt.
Renée Zellweger («Bridget Jones») interpretiert die späte Judy Garland, ohne sie als Sängerin imitieren zu wollen. Aber Zellweger singt im Film, richtig und ohne doppelten Boden, dass es eine Wucht ist. Glaubwürdig gibt sie die liebende, pflichtbewusste Mutter und die schwierige, zerbrechliche Künstlerin in ihrer ganzen Kaputtheit. Zellweger bewältigt ihre Rolle mit darstellerischer Bravour.
Judy
Regie: Rupert Goold
Ab Do, 2.1., im Kino