Film «Cold War»: Amour fou im Kalten Krieg
Der polnische Regisseur Pawel Pawlikowski blendet mit «Cold War» ins Europa der Nachkriegsjahre zurück. Sein Politdrama ist von lyrischer Intensität.
Inhalt
Kulturtipp 25/2018
Letzte Aktualisierung:
04.12.2018
Frank von Niederhäusern
Als Pianist Wiktor Ende der 50er-Jahre von Paris nach Polen reist, wird er verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Sein Vergehen: illegaler Grenzübertritt in beide Richtungen. Ein absurd klingender Vorwurf, der aber die Mechanismen des Kalten Krieges aufzeigt. Und um diese geht es im neuen Film des gebürtigen Polen Pawel Pawlikowski, der seit 1977 in England lebt, wo er Dok- und Spielfilme dreht. Mit «Ida» hat er 2015 den Auslands-Oscar gewonnen.
Wi...
Als Pianist Wiktor Ende der 50er-Jahre von Paris nach Polen reist, wird er verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Sein Vergehen: illegaler Grenzübertritt in beide Richtungen. Ein absurd klingender Vorwurf, der aber die Mechanismen des Kalten Krieges aufzeigt. Und um diese geht es im neuen Film des gebürtigen Polen Pawel Pawlikowski, der seit 1977 in England lebt, wo er Dok- und Spielfilme dreht. Mit «Ida» hat er 2015 den Auslands-Oscar gewonnen.
Wiktor (Tomasz Kot) hätte beste Chancen, im kriegsversehrten Polen der 50er-Jahre Karriere zu machen. Als Leiter des Musik-Ensembles Mazurek feiert er Erfolge mit Folklore-Programmen. Prompt wird er von der Staatsführung politisch instrumentalisiert und gefördert. Bei einem Konzert in Berlin aber springt Wiktor in den Westen ab. Allerdings ohne Zula (Joanna Kulig), seine «Frau fürs Leben». Diese hat er beim Casting für Mazurek entdeckt und war sofort hingerissen von ihrer Leidenschaft.
Ein wunderbar trauriges Filmgedicht
In Berlin verliert sich das Paar aufgrund unterschiedlicher Temperamente. Doch es begegnen sich wieder in Paris, wo Wiktor als Jazzmusiker lebt. Später versuchen die Liebenden, dort ein gemeinsames Leben aufzubauen, und scheitern. Zula kehrt zurück nach Polen. Wiktor will ihr folgen – und landet im Arbeitslager.
Pawlikowski widmet den Film seinen Eltern, die diesseits und jenseits des Eisernen Vorhanges eine ähnliche Amour fou lebten, bis sie zusammenfanden. Auch Zula und Wiktor machen den letzten Seitenwechsel gemeinsam.
Pawlikowski macht den historisch realen Hintergrund seines Filmes auf mehreren Ebenen spürbar. Doch «Cold War» ist vor allem ein wunderbar trauriges Filmgedicht zu den ewigen Themen Liebe, Verrat, Tod. Auch formal zeigt sich Pawlikowski als Lyriker: «Cold War» ist schwarz-weiss gedreht und getränkt von Musik zwischen polnischem Volkslied und Pariser Jazzclub. Er erzählt strophenhaft und überlässt das Füllen der lyrischen Leerstellen dem Publikum. Dies macht «Cold War» zum anspruchsvollen, aber intensiven Filmgenuss.
Cold War
Regie: Pawel Pawlikowski
Ab Do, 29.11., im Kino