Film: Bröckelnde Gewissheit
Im mehrfach preisgekrönten Film «Las Herederas» aus Paraguay sieht sich ein älteres weibliches Liebespaar mit neuen Tatsachen konfrontiert – persönlich und ökonomisch.
Inhalt
Kulturtipp 02/2019
Urs Hangartner
Chela (Ana Brun) und Chiquita (Margarita Irún) sind seit 30 Jahren ein Paar. Die beiden älteren Damen leben in einer Villa in Asunción, Paraguay. Sie gehören einer privilegierten Oberschicht an. Sie sind die Erbinnen («herederas») des Filmtitels. Einer Arbeit scheinen sie nicht nachzugehen. Doch das Geld geht ihnen langsam, aber sicher aus. Sie sehen sich gezwungen, Mobiliar, Geschirr und Besteck nach und nach zu verscherbeln, buchstäblich auch da...
Chela (Ana Brun) und Chiquita (Margarita Irún) sind seit 30 Jahren ein Paar. Die beiden älteren Damen leben in einer Villa in Asunción, Paraguay. Sie gehören einer privilegierten Oberschicht an. Sie sind die Erbinnen («herederas») des Filmtitels. Einer Arbeit scheinen sie nicht nachzugehen. Doch das Geld geht ihnen langsam, aber sicher aus. Sie sehen sich gezwungen, Mobiliar, Geschirr und Besteck nach und nach zu verscherbeln, buchstäblich auch das Tafelsilber.
Ein Kommentar zur Lage Paraguays
Chiquita ist die lebendigere der beiden, während Chela melancholisch, gar apathisch die meiste Zeit im Bett verbringt. Sie braucht regelmässig Medikamente. Die beiden halten an ihrem alten Leben fest, solange es noch geht. Sie leisten sich weiterhin eine Haushälterin.
Das ändert sich, als Chiquita ins Gefängnis muss. Wegen Betrugs, wo sie doch nur Schulden angehäuft hat. Chela wandelt sich derweil, auch der Not gehorchend. Mit ihrem alten Mercedes übernimmt sie bezahlte private Taxidienste, etwa, um reiche alte Frauen an ihre Kartenspiel-Nachmittage zu chauffieren. Dabei lernt Chela die jüngere Angy (Ana Ivanova) kennen – und lieben. Wird sie sich entscheiden für einen Aus- und Aufbruch aus dem bisherigen Leben, fern von Chiquita?
Der Film «Las Herederas» ist, über das Individuelle hinaus, auch lesbar als Kommentar zur Lage des Landes. Paraguay mit seinem autoritären Regime gilt als politisch schwierig. Gewissheiten selbst für Privilegierte müssen nicht bestehen bleiben und können anfangen zu bröckeln. Stellenweise humorvoll zeigt dies der Film, der ansonsten von einer eher dunkel-düsteren Stimmung geprägt ist.
Starke Darstellung von Ana Brun
Mit seinem Langfilmdebüt konnte der 1973 geborene paraguayische Regisseur und Drehbuchautor Marcelo Martinessi an mehreren Festivals Preise einheimsen. Für Ana Bruns starke Darstellung von Chela gabs in Berlin den Silbernen Bären.
Las Herederas
Regie: Marcelo Martinessi
Ab Do, 10.1., im Kino