«Beautiful Boy» ist der Titel eines Songs auf John Lennons letztem Album, «Double Fantasy» (1980). Lennon hatte den Song für seinen damals fünfjährigen Sohn Sean geschrieben.
Im Film «Beautiful Boy» singt Vater David Sheff den Song seinem kleinen Sohn Nic als Schlaflied vor. Als Journalist war Sheff 1980 dem Ex-Beatle begegnet; er hatte eines der letzten langen Interviews mit Lennon geführt, das im Januar 1981 im «Playboy» veröffentlicht wurde.
«Beautiful Boy» ist aber auch der Titel des autobiografischen Bestsellers von David Sheff aus dem Jahr 2008. Darin erzählt er von den schweren Jahren, als sein Sohn Nic in die Drogen rutschte. Nic selbst beschreibt in der Autobiografie «Tweak» seine Erfahrungen aus eigener Perspektive. Auf Grundlage der beiden Werke hat der belgische Regisseur Felix Van Groeningen («The Broken Circle Breakdown») zusammen mit Luke Davies das Drehbuch zu seinem US-Debütfilm geschrieben.
«Es gibt kein Zurück. Ich bin schon zu weit»
Eigentlich ist bei den Sheffs alles zum Besten bestellt. Es herrscht keine ökonomische Not, auch sonst scheint die Familie problemfrei. Ihr wunderschönes Holzhaus steht mitten im Grünen in Kalifornien. Vater Dave (Steve Carell) ist ein erfolgreicher Journalist. Sein Sohn Nic (Timothée Chalamet) versteht sich gut mit seinen zwei kleinen Stiefgeschwistern und der Stiefmutter, Davids zweiter Frau. Nic ist talentiert und intelligent. Seine Schulnoten sind bestens.
Und dennoch: Nic wird drogensüchtig. In einer Filmszene kifft er noch gemütlich zusammen mit dem Vater. Aber bald holen ihn stärkere Stoffe ein. Methamphetamin heisst das Teufelszeug, besser bekannt als «Crystal Meth».
Die dramatische Geschichte von David und Nic entspricht einem Wechselbad der Gefühle, es gibt über Jahre Aufs und Abs, Phasen der Verzweiflung und Momente des Hoffens in einem Teufelskreis aus Entzugsversuchen und Rückfällen. Nic will und kann nicht aufhören. Einmal notiert er sich in sein Tagebuch: «Es gibt kein Zurück. Ich bin schon zu weit.» Vater David versucht verzweifelt, zu verstehen und zu helfen.
Timothée Chalamet brilliert als Nic
Es sind schmerzliche Erfahrungen für beide. Der Film gibt keine endgültigen Antworten auf das «Warum?». Wer hat Schuld an Nics Sucht? Etwas scheint gewiss: «Es kann jeden treffen.» Patentrezepte gibt es nicht. Im Abspann des Films wird unter anderem informiert: «Drogen sind die Haupttodesursache in den USA bei den unter 50-Jährigen.» Mit dem jungen Protagonisten hat es das Schicksal gut gemeint. Er hat Glück gehabt: «Nic ist seit acht Jahren clean.»
Der sehenswerte Film fordert vor allem für die Rolle von Nic eine regelrechte darstellerische Tour de Force, die Timothée Chalamet («Call Me By Your Name») souverän bewältigt.
Als Vorbehalt müsste man anmerken, dass der Film das «Elend», das darin steckt, etwas geglättet inszeniert. Man hätte sich auch gewünscht, dass Van Groeningen linear erzählt, statt wiederholt mit Rück- und Vorblenden zu arbeiten und so den Erzählfluss stellenweise zu behindern.
Beautiful Boy
Regie: Felix Van Groeningen
Ab Do, 24.1., im Kino