Film «Abluka»: Täter und Opfer
Emin Alper zeichnet in «Abluka» ein beklemmendes Bild von Istanbul. In einer gespenstischen Endzeitstimmung herrschen Gewalt, Angst und Misstrauen.
Inhalt
Kulturtipp 08/2016
Letzte Aktualisierung:
12.04.2016
Urs Hangartner
Wenn er mitmacht, wird er bedingt entlassen. Das ist die Auflage für Kadir Tugsuz (Mehmet Özgür) bei seiner Arbeit für den Geheimdienst in Istanbul. Nach einer langen Haftstrafe bleiben ihm noch ein paar Jahre, die ihm so geschenkt würden. Die Arbeit: Kadir wird in den trostlosen Aussenquartieren Istanbuls bei der Müllabfuhr beschäftigt. Dabei soll er nach möglichem Sprengstoff suchen und gleichzeitig die Menschen ausspionieren. Seine akribischen Rappor...
Wenn er mitmacht, wird er bedingt entlassen. Das ist die Auflage für Kadir Tugsuz (Mehmet Özgür) bei seiner Arbeit für den Geheimdienst in Istanbul. Nach einer langen Haftstrafe bleiben ihm noch ein paar Jahre, die ihm so geschenkt würden. Die Arbeit: Kadir wird in den trostlosen Aussenquartieren Istanbuls bei der Müllabfuhr beschäftigt. Dabei soll er nach möglichem Sprengstoff suchen und gleichzeitig die Menschen ausspionieren. Seine akribischen Rapporte tippt er fein säuberlich zuhanden seines Vorgesetzten auf einer Schreibmaschine vom Flohmarkt.
Immer wieder erschüttern Bombendetonationen die Stadt. Eine terroristische Gruppe scheint im Krieg mit dem repressiven Regime. Kadir nutzt seine neue Freiheit, um Kontakt zu seinem jüngsten Bruder Ahmet (Berkay Ates) zu suchen. Dieser arbeitet ebenfalls bei der Stadt, als Hundefänger, der die Tiere mit dem Gewehr erschiesst. Ahmet lebt allein und zunehmend paranoid in seiner Wohnung. Verbotenerweise kümmert er sich zu Hause um einen angeschossenen Hund.
Falsche Schlüsse
Da ist noch der mittlere Bruder Vali, den man nie zu Gesicht bekommt. Er ist verschwunden, soll aber Mitglied der Terrororganisation sein. Ist er der vermummte Motorradfahrer, der im nächtlichen oder nebligen Istanbul herumkurvt? Kadir interpretiert die Zeichen falsch, als sich Bruder Ahmet mehr und mehr abschottet. Eine fatale Einschätzung mit tragischen Folgen für beide Brüder. Ein trauriges Schicksal widerfährt auch Kadirs Vermieter. Auf welcher Seite stehen sie?
Kadir, der Informant der Machthaber, ist sowohl Opfer wie Täter im System der Gewalt, das in der Stadt herrscht. Auch Ahmet ist in diesem letztlich tödlichen Netz gefangen. Regisseur und Drehbuchautor Emin Alper erzählt davon in düsteren, beklemmenden Bildern einer gespenstisch-endzeitlichen Stimmung.
«Abluka» erhielt in Venedig drei Auszeichnungen und bei den «Asia Pacific Screen Awards» den Grossen Preis der Jury für das beste Drehbuch.
Urs Hangartner
Abluka
(Frenzy – Der Wahn)
Regie: Emin Alper
Ab Do, 7.4., im Kinour