Die Gründer von Jazznojazz hatten einen guten Riecher. Zwar schwebten Pius Knüsel und seiner Crew in den jungen 1990er-Jahren eher abgefahrene Mischformen des Jazz vor: Freie Improvisationen und Annäherungsversuche an Experimental Rock. Die Neulancierung des Zürcher Herbstfestivals 1999 konnte dann voll auf die diversen in Gang gekommenen Mischtrends aufspringen. So ist Jazznojazz zum international beachteten Podium für beswingte Funk-, Neosoul- und World-Mixturen geworden.
Funkbands sorgen für Power und Publikum
Die 18. Ausgabe ist so dicht programmiert wie noch nie. Es finden sich erfreulich viele Jazzer: vom namhaften US-Saxer Joshua Redman und dessen Allstarband SF Jazz Collective bis hin zum Trio der jungen Pianistin Marie Krüttli aus dem Jura. Für Power und Publikum sorgen Funkbands wie The New Mastersounds, die kräftigen Neo-Soul-Stimmen von Alina Amouri und China Moses sowie Exponenten der aktuellen World-Szene, darunter Hindi Zahra aus Marokko oder der französische Meisterakkordeonist Richard Galliano.
Was die stilistischen Grabensprünge angeht, die der Festivalname postuliert, darf man heuer gespannt sein auf zwei britische Bands. The Cinematic Orchestra wurde vor gut 20 Jahren mit seinem Mix aus analogem Jazz und Elektronik zum Pionier des sogenannten Nujazz. Ganz anders gehen aktuell GoGo Penguin ans Werk: Ihr stampfender Retrojazz lebt von raffiniert, leicht verstromten Mischformen. Aus den USA reist Jacob Collier an. Der junge Multiinstrumentalist ist mit frappant kunstvoll montierten Youtube-Videos bekannt geworden. Nun baut er sein Instrumentarium zur Live-Performance auf.
Exotisch duftende Kompositionen
Stilistische und multikulturelle Sprünge vollführt Ibrahim Maalouf. Der 35-jährige Trompeter ist in Beirut geboren und als Kind mit der Familie nach Paris geflüchtet, wo er eine klassische Musikerausbildung genoss. Seine Eltern gaben ihm auch die orientalische Tradition mit. Entsprechend exotisch duften heute seine Kompositionen, die zwischen Klassik und Jazz, Rock und Elektronica switchen. Maalouf arbeitet mit Kammerensembles, arabischen Instrumentalisten und DJs. Letztes Jahr hat er mit zwei Alben grosse Erfolg erzielt: «Kalthoum» ist eine Hommage an mutige Frauen der arabischen Welt wie die titelgebende ägyptische Sängerin Oum Kalthoum (1899–1975). «Red & Black Light» pulsiert als elektrifizierend-urbane Jetzt-Musik. In Zürich wird Maalouf, der kürzlich den Echo-Jazz als bester Instrumentalist gewann, hoffentlich die ganze Breite seines Klanghorizontes dokumentieren.
CDs
Ibrahim Maalouf
Kalthoum
(Universal 2015).
Ibrahim Maalouf
Red & Black Light
(Universal 2015).
GoGo Penguin
Man Made Object
(Blue Note 2016).
Jacob Collier
In My Room
(Sony 2016).
Festival Jazznojazz
Di, 1.11.–Sa, 5.11. Gessnerallee Zürich
www.jazznojazz.ch
Radio SRF 2 Kultur
Fr, 25.11., 22.05: David Sanborn & Christian Mc Bride
Fr, 30.12., 22.05: Richard Galliano New Musette Quartet
Fr, 13.1., 22.05: SFJazz Collective