Drei plus drei sind acht. Davon überzeugt Emma ihre Mitschüler mit so viel Fantasie, dass am Schluss sogar die Lehrerin der schrägen Rechnung nicht abgeneigt ist und sich über die kreative Ader ihrer Schülerin freut. Mit dieser kleinen «Lüge» beginnt die neue SRF-Dramedy-serie «Emma lügt» aus der Feder von Laura de Weck und Thomas Ritter. Der 90-minütige Sechsteiler dreht sich um das chaotische Familienleben von der Ärztin Isabelle (Johanna Bantzer), ihrem Mann Christian (Martin Vischer), der kleinen Emma (Alma Klingenbeck) und der rebellierenden Teenietochter Liv (Paula Rappaport), die sich in Verschwörungstheorien verstrickt. Und so brechen Lügen, Fake News und Verschwörungstheorien nach und nach auf – denn nicht nur Emma erzählt Lügengeschichten, auch die anderen Familienmitglieder haben ihre Geheimnisse.
Mit viel Humor gespickt
Corona, Krieg und Klimawandel bilden in der Serie den bedrohlichen gesellschaftlichen Hintergrund. Besonders die Jungen sind dadurch stark verunsichert und suchen sich zuweilen abstruse Antworten, um mit ihren Ängsten umzugehen. «Liv legt sich ihre eigene Wahrheit als Rettung zurecht, sie handelt aus einer Not heraus», sagt Bettina Oberli im Gespräch mit dem kulturtipp. Der Regisseurin, selbst Mutter zweier Teenager, geht es in der Serie auch darum zu zeigen, was die aktuelle Weltlage mit der jungen Generation macht. Trotzdem sollen der Humor und eine verspielte Herangehensweise in der Serie nicht zu kurz kommen, wie sie sagt. «Laura de Weck schreibt ja sehr lustige Dialoge, in denen der Humor auch aus der Verzweiflung der Menschen kommen kann.» Im besten Sinne tragikomisch ist etwa die Szene, in der die Eltern mit Emma wegen ihrer Lügengeschichten zum Familiencoach gehen. Schauspieler Marcus Signer bietet als vermeintlich empfindsamer Psychologe, der Emmas Geschichten für bare Münze nimmt, ein Glanzstück. Mit seinen kruden Theorien treibt er Mutter Isabelle zum Wahnsinn, bis diese kurz vor der Panikattacke nur noch brüllen kann: «Wer nüt wird, wird Coach!» Auch andere Gastrollen sorgen für schauspielerische Höhepunkte in der Serie. Witzig etwa Komiker Massimo Rocchi als Mann vom Amt für Statistik, der den Sorgenbarometer der Bevölkerung messen will, aber gerade zum ungünstigsten Zeitpunkt auftaucht...
Sehr kurze Produktionszeiten
Bettina Oberli konnte für «Emma lügt» einige bekannte Schauspielköpfe gewinnen. «Wir waren alle Enthusiasten und hatten Lust, uns auf dieses Experiment einzulassen.» Denn das Projekt unterscheidet sich von anderen Serien vor allem in der Entstehung. Ursprünglich ist Oberli zusammen mit Produzent Martin Joss mit der Projektidee auf SRF zugekommen und hat die Autorin Laura de Weck ins Boot geholt: «Wir wollten eine Dialogserie mit topaktuellen Themen machen und unter engen Bedingungen schreiben, produzieren und drehen.» So wurde die Serie in nur zwei Tagen in Zürich und Umgebung gedreht. Jede Folge spielt nur an einem Ort und in der tatsächlichen Zeit von 15 Minuten. «Unser visuelles Kon- zept war es, lange am Stück zu drehen, ohne Schnitte, sodass die Schauspieler im Idealfall 15 Minuten durchspielen kön- nen. Es gibt in der Serie keine spektakulären Kamerafahrten oder Actionszenen, der Kern sind die Schauspieler.»
Leicht konsumierbar durch kurze Folgen
Jahrelange Produkteentwicklung und Vorbereitungen wie sonst oft bei SRF gab es diesmal also nicht: «Toll, dass SRF uns grünes Licht für dieses Experiment gegeben hat», freut sich Oberli. Mit dieser kurzen Produktionszeit sei es möglich gewesen, auf Aktualitäten einzugehen und das Lebensgefühl von heute auf den Bildschirm zu bringen. Das gelingt durchaus, auch wenn in diesen kurzen Folgen eine thematische Vertiefung nicht möglich ist. Ziel von SRF ist mit dieser Serie denn auch die «Fast Fiction», wie der neue SRF-Fiktionschef Baptiste Planche kürzlich an einer Medienorientierung sagte. Die Serie soll für ein breites Publikum zugänglich und durch die kurzen Folgen leicht konsumierbar sein. Für die Social-Media-Präsenz sorgt Schauspielerin und Influencerin Zoë Pastelle, die in der Serie Emmas alternative Lehrerin spielt. Auf Instagram hat sie über eine Viertelmillion Follower. Das sorgt bei SRF, das mit dem Programm vermehrt die junge Generation ansprechen will, für einen willkommenen Nebeneffekt: Durch Zoë Pastelles digitale Kanäle wurde für «Emma lügt» schon im Vorfeld ausgiebig Werbung gemacht. Vom Begriff «Fast Fiction» darf man sich aber nicht abschrecken lassen. Und in Zeiten, in denen sich die Kinound Serienlandschaft im raschen Wandel befindet, sollen auch bei SRF filmische Experimente und neue Formate Platz finden. «Emma lügt» hält jedenfalls einige gelungene Szenen bereit. Der Anfang gestaltet sich etwas harzig, die Geschichte nimmt aber schnell an Fahrt auf. Alle sechs Folgen am Stück sendet SRF 1 direkt nach der neuen Zürcher «Tatort »-Folge. Bereits vorher ist die Serie auf der SRF-Plattform «Play Suisse» zu sehen.
Emma lügt
Alle Episoden:
So, 11.9., ab 21.40 SRF 1
Ab Do, 1.9.: www.playsuisse.ch