Ein behäbiger Ermittler und eine zackige Polizistin mit Bergler-Wurzeln sorgen bei SRF für hohe Einschaltquoten: Rund 40 Prozent Marktanteil erreicht SRF mit dem Serien-Klassiker «Der Bestatter» mit Mike Müller und der neusten eigenproduzierten Krimi-Serie «Wilder». «Absolute Traumwerte», freut sich Urs Fitze, Leiter Fiktion SRF. Inzwischen wurde «Der Bestatter» weltweit verkauft und hat SRF den nötigen Rückenwind gegeben, um weitere Projekte zu entwickeln, wie Fitze sagt. Pro Jahr soll in zwei Eigenproduktionen investiert werden: Die nächste wird die von Güzin Kar entwickelte Serie «Seitentriebe» sein. Sie geht dem Thema Sex in Langzeitbeziehungen satirisch auf den Grund und begleitet zwei Paare in den Vierzigern.
Vermehrt nordische Thriller im Programm
Dazu kommen die eingekauften Serien, mit denen sich SRF vom Mainstream abgrenzen will. Zwar sind auch beliebte US-Produktionen wie die Ärzte-Serie «Grey’s Anatomy» oder die Feuerwehr-Serie «Chicago Fire» im Programm. Vermehrt soll aber auf europäische Serien gesetzt werden, um sich von privaten Konkurrenten wie Netflix, Amazon oder Sky abzuheben, wie Martin Bloch, Programmleitung SRF zwei, sagt. Im Januar startet etwa die isländische Serie «Trapped – Gefangen in Island»: An der Küste wird eine zerstückelte Leiche gefunden. Als ein Schneesturm das Fischerdorf von der Aussenwelt abtrennt, überstürzen sich die Ereignisse … Wie oft in Krimi-Serien kämpft der kantige Ermittler zusätzlich mit privaten Problemen: In der ersten Folge wird er mit dem Besuch seiner Ex-Frau konfrontiert, die mit ihrem neuen Mann anreist.
Dieses Genre der nordischen Thriller mit ihren ungewöhnlichen, starken Geschichten und faszinierenden Figuren wolle SRF pflegen, sagt Heinz Schweizer, Redaktionsleiter Einkauf Film und Serien. In diese Kategorie fällt auch die schwedische Krimi-Serie «Modus» nach einem Roman der Bestseller-Autorin Anne Holt, die im Februar startet. Darin begibt sich die Psychologin Johanne zusammen mit dem Kriminalbeamten Ingvar auf die Suche nach einem Serienkiller. Johannes autistische Tochter hat den Mörder bei seiner Tat beobachtet und ist in grösster Gefahr.
Serien aus Dänemark, das als Vorreiter auf dem Gebiet der Serien gilt, seien starke Vorbilder, ergänzt Urs Fitze: «Der Dänische Rundfunk DF hat über Jahre Aufbauarbeit im seriellen Erzählen geleistet. Im Zentrum stehen die Autoren. Sie sind der Beginn jeder guten Geschichte. Damit eine Serie über mehrere Staffeln trägt, braucht es neben einem vielschichtigen und konfliktreichen Figurenensemble eine starke erzählerische Prämisse, die wie ein Motor die Handlung vorantreibt.» Demnächst läuft auf SRF die zweite Staffel der dänischen Psychodrama-Serie «Die Erbschaft» an. Im Zentrum steht eine zerrüttete Familie, die sich im erbitterten Streit um das Erbe der Mutter befindet. Die Meinungen, wie das millionenschwere Anwesen genutzt werden soll, gehen weit auseinander …
Serien setzen immer auch auf die emotionale Ebene. «In einer guten Serie lernen wir Figuren, ihre Hoffnungen, Freuden, Ängste, Geheimnisse und Nöte über Jahre kennen. Wie im richtigen Leben begegnen wir diesen Freunden monatelang nicht», sagt Schweizer. Eine neue Staffel lade dann zum ersehnten Wiedersehen ein. Nicht immer funktioniert die Publikums-Bindung: Die Free-TV-Premiere der gefeierten US-Thriller-Serie «Fargo» frei nach dem gleichnamigen Film der «Coen-Brüder» etwa hat bei SRF mangelnden Zuspruch erfahren.
Aushängeschild bleiben Eigenproduktionen
Aushängeschild von SRF bleiben die Eigenproduktionen. Sie sind zwar um ein vielfaches teurer, dienen aber der Image-Pflege. Sie sollen mit aktuellen Themen die Lebensrealität des Publikums abbilden oder auf historische Ereignisse Bezug nehmen, die im kollektiven Gedächtnis verankert sind. «Bei all unseren Projekten versuchen wir immer, auch gesellschaftliche Fragen zu behandeln», betont Fitze. Ein Beispiel ist der Zweiteiler «Private Banking» unter der Regie von Bettina Oberli, in dem sich eine Aussenseiterin in der Finanzwelt durchzusetzen versucht. Die Serie musste trotz guter Darsteller auch Kritik einstecken, inwieweit sie Banker-Klischees bediene. Mit knapp 29 Prozent Marktanteil lag der Zweiteiler für den Sendeplatz (Sonntag- und Montagabend) im mittleren Bereich. «Wilder» hingegen wurde zum Erfolg. Dazu trug das herausragende Schauspielerteam mit Sarah Spale, Marcus Signer oder Andreas Matti genauso bei wie eine sich zwar langsam entwickelnde, aber packende Geschichte. Fitze macht den Erfolg zudem im Setting im Berner Oberland aus: «Es ist die erste Schweizer Serie, die in den verschneiten Bergen spielt, diese Landschaft aber nicht als Idylle inszeniert, sondern eher als Bedrohung und Metapher. So wird eine uns vermeintlich vertraute Welt neu erzählt und inszeniert.» Ob die kommende Serie «Seitentriebe», die sich vom allseits beliebten Krimi-Genre loslöst, an den Erfolg anknüpfen kann, bleibt abzuwarten.
Die neusten Serien bei SRF im Überblick
Der Bestatter
6. Staffel: Seit Di, 2.1., 20.05 SRF 1
(Eigenproduktion)
Trapped – Gefangen in Island
1. Staffel: Ab Fr, 5.1.
23.00 SRF zwei
Die Erbschaft
2. Staffel: Ab Mo, 8.1.
23.45 SRF 1
Chicago Fire
5. Staffel: Ab Mo, 8.1.
20.10 SRF zwei
Modus
1. Staffel: Ab Fr, 23.2.
23.00 SRF zwei
Seitentriebe
1. Staffel: Ab Mo, 26.2.
20.10 SRF zwei (Eigenproduktion)
Die Eigenproduktionen bleiben bis 30 Tage nach der Erstausstrahlung auf www.srf.ch abrufbar.
DVDs
Wilder
Regie: Pierre Monnard
3 DVDs
350 Minuten
(SRF 2017).
Private Banking
Regie: Bettina Oberli
2 DVDs
186 Minuten
(SRF 2017).