Inhalt
Grundloses Murren», so betitelte die «Süddeutsche Zeitung» die Rezension zum neusten Werk des internationalen Bestsellerautors («Terror», «Gott») und ehemaligen Strafverteidigers Ferdinand von Schirach. Der Pessimismus seines Ich Erzählers in «Regen» kann zwar durchaus penetrant sein, etwa wenn er seine 80-Prozent-Regel erklärt: «80 Prozent von allem ist Mist.» Filme, Anwälte, Ärzte, Hotels.
Die Anklage mündet in einer amüsanten Persiflage auf Ferien am Meer, wenn die «Leute schwitzend auf Fischkot herumliegen, in Kloaken baden und schlechte Bücher lesen». Solche humorvollen Momente gibt es nebst dem Lamento des Melancholikers immer wieder, vor allem aber berührende Gedanken zu Liebe, Verlust, Tod, Schuld und Vergebung.
Diesen philosophischen Monolog in reduzierten, klaren Sätzen ummantelt Ferdinand von Schirach mit einer einfachen Rahmenhandlung rund um den Ich-Erzähler: Ein gescheiterter Poet, der vor dem Regen in eine Bar flüchtet. Er musste als Schöffe, als Laienrichter, antreten. Die Verhandlung wurde aber wegen Befangenheit unterbrochen, nachdem er den Angeklagten gefragt hatte, welche Strafe er sich selbst geben würde.
Als Zugabe zur in gross gedruckter Schrift nur rund 50-seitigen Kurzerzählung enthält der Band ein Interview aus dem Magazin der «Süddeutschen Zeitung» von 2022 mit Journalist Sven Michaelsen. Im sehr persönlichen Gespräch scheinen auch Motive aus dieser Erzählung auf, und zuweilen meint man, den im Regen stehenden Ich-Erzähler vor sich zu haben. Der Autor wird seine unterhaltsame Kurzgeschichte als Theatermonolog auf deutschsprachigen Bühnen selbst aufführen, im Januar auch in der Schweiz.
Dann kann man sich ein Bild machen, ob es sich beim Ich-Erzähler um einen Misanthropen oder bloss einen Menschenscheuen, einen Philosophierenden oder eben einen Murrenden handelt.
Buch
Ferdinand von Schirach
Regen – Eine Liebeserklärung
112 Seiten
(Luchterhand 2023)
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