Felix Francis - «Das pralle Leben bietet mehr als die Fiktion»
Der englische Autor Felix Francis führt das Krimi-Vermächtnis seines Vaters Dick Francis im Milieu des Pferdesports schriftstellerisch weiter. Soeben ist sein Buch «Kreuzfeuer» auf Deutsch herausgekommen.
Inhalt
Kulturtipp 13/2012
Rolf Hürzeler
kulturtipp: Haben Sie Ihren Gaul heute schon gesattelt?
Felix Francis: Wo denken Sie hin! Ich bin dermassen übergewichtig, dass ich zwei Tiere haben müsste, um mich fortzubewegen. Zudem sind meine Hüftgelenke nicht mehr das, was sie einmal waren. Aber früher bin ich viel geritten.
Im neuen Buch verknüpfen Sie die Heimkehr eines verkrüppelten Afghanistan-Veteranen mit dem englischen Pferdesportmilieu – eine ziemlich gewagte Verbindun...
kulturtipp: Haben Sie Ihren Gaul heute schon gesattelt?
Felix Francis: Wo denken Sie hin! Ich bin dermassen übergewichtig, dass ich zwei Tiere haben müsste, um mich fortzubewegen. Zudem sind meine Hüftgelenke nicht mehr das, was sie einmal waren. Aber früher bin ich viel geritten.
Im neuen Buch verknüpfen Sie die Heimkehr eines verkrüppelten Afghanistan-Veteranen mit dem englischen Pferdesportmilieu – eine ziemlich gewagte Verbindung.
Das stimmt, aber dieser Krieg beschäftigt mich sehr, weil mein Sohn dort als Pilot im Einsatz war. Ich hatte beim Schreiben grosse Angst, etwas zu schreiben, das tatsächlich eintreffen könnte, was glücklicherweise nicht geschah. Mein Sohn ist gesund nach Hause gekommen. Aber ich befürchte, er wird wieder an den Hindukusch beordert, schliesslich ist er Berufssoldat.
Und der Sohn sagte Ihnen, wie sich ein Veteran mit einem fehlenden rechten Fuss fühlt?
Nein, er las das fertig geschriebene Buch. Dabei schlug er Änderungen vor, vor allem, um zu zeigen, wie ratlos Zivilisten gegenüber verletzten Veteranen reagieren.
Werden Sie mit Ihrem Sohn einmal so eng zusammenarbeiten, wie Sie es mit Ihrem Vater Dick getan haben?
Schwierig zu sagen, er ist noch sehr jung. Ich bin ja meinem Vater erst mit 40 Jahren hauptberuflich als Mitarbeiter bei den Recherchen beigestanden und habe mit 50 zu schreiben begonnen.
Bei Ihnen ist Schreiben eine Familienangelegenheit.
Genau, meine Mutter und mein Vater arbeiteten sehr eng zusammen. Und ich habe schon als 17-Jähriger für meinen Vater einzelne Recherchearbeiten übernommen. Meine Frau ist nun eine kritische Lektorin und liefert mir laufend Verbesserungsvorschläge.
Haben Sie sich je überlegt, den Rennsport als Handlungshintergrund aufzugeben?
Ja, aber ich bleibe lieber bei diesem Milieu. Dafür versuche ich immer, einen anderen Gesellschaftsbereich mit den Pferden zu verbinden: Bei «Kreuzfeuer» das Militär, in den Romanen «Gamble» und «Bloodline» geht es um die Bankenwelt und das Fernsehen. Diese Bücher sind erst auf Englisch erschienen.
Der Pferdesport könnte Sie ja langweilen.
Keinesfalls, er gehört in England zur Kultur. Die Queen hat eben das Epsom Derby besucht, und unzählige Bürger schliessen an Rennen regelmässig ihre Wetten für fünf oder zehn Pfund ab. Aber der Pferdesport eignet sich auch erzählerisch als Hintergrund. Hier geht es um viel Geld, und wo Geld ist, versuchen sich Leute unrechtmässig zu bereichern. So einfach ist das.
Sie schreiben sehr viel.
Ja, ein Buch pro Jahr. Aber ich geniesse das Leben dennoch. Ich esse gerne gut und mag Wein. Aber ich bin ziemlich diszipliniert, was die Arbeit angeht. Ich schreibe täglich tausend Wörter auch am Wochenende. Das ist manchmal ganz einfach, manchmal eine Qual. So geht das fünf Monate. Dann bin ich mit dem Text fertig und beschäftige mich mit der Herausgabe des Buchs – und denke an das nächste.
Woher nehmen Sie die Ideen?
Ach, die kommen in Gesprächen mit Leuten, und häufig bringen mich die Nachrichten auf einen Gedanken. Nehmen Sie das Beispiel Tschechien. Dort ist ein populärer Politiker angeklagt, Gelder der EU kistenweise veruntreut zu haben. Das gibt eine wunderbare Geschichte. Das pralle Leben bietet ja viel mehr als die Fiktion.
Werden sich Ihre Bücher im Lauf der kommenden Jahre verändern?
Ja, das passiert laufend. Ich versuche, satirischer und lockerer zu schreiben, weniger traurig als früher. Jetzt, wo mein Vater gestorben ist, kann ich Änderungen leichter einbringen.
«Kreuzfeuer»
Der Offizier Thomas Forsyth kehrt von einem Einsatz in Afghanistan nach England zurück. Er hat bei einem Minenanschlag seinen rechten Fuss verloren. Nun muss er im zivilen Leben zurechtkommen, findet aber kaum Rückhalt bei Freunden oder Verwandten. Auch seine Mutter, eine Rennpferdhalterin, ist abweisend. Dennoch bleibt Forsyth eine Weile bei ihr wohnen und entdeckt, dass sie erpresst wird.
[Buch]
Dick & Felix Francis
«Kreuzfeuer»
395 Seiten
(Diogenes 2012).
[/Buch]
Felix Francis
Der 59-jährige Schriftsteller Felix Francis war ursprünglich Physiklehrer und ist Sohn des englischen Erfolgsautors Dick Francis, der vor zwei Jahren hochbetagt verstorben ist. Dieser hat mit seinen Kriminalromanen über das Pferderennsport-Milieu Weltruhm erlangt. Felix Francis schreibt die Romanserie weiter; er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Stratford-on-Avon.