Mit grossen Augen knien Finja (6) und Mia (5) über der geöffneten Truhe. Über ihren zusammengesteckten Köpfen ist zu erkennen, dass die beiden gerade in die wunderbare Unterwasserwelt abtauchen. Rochen schwim-men vorbei, Korallen wiegen sich im Takt der Wellen. «Schau! Da ist Nemo», ruft Mia und zeigt aufgeregt auf den Clownfisch, der über den Bildschirm in der Truhe schwadert.
Es ist ein verregneter Mittwochnachmittag im Juli. Die Freundinnen besuchen die Erlebnisausstellung «Mit fliegendem Teppich durch die Geschichte» im Zürcher Landes-museum. In den nächsten anderthalb Stunden reisen die beiden durch prägende Epochen der Menschheit. In drei Ausstellungsräumen wird Wissen über den Orient, die Schifffahrt und die Eisenbahn spielerisch vermittelt. Zum Abschluss bleibt im vierten Raum viel Zeit, das Entdeckte beim Zeichnen, Verkleiden und Ertasten von Gegenständen zu ergründen.
Eintauchen in die Welt der berühmten Seemänner
Finjas und Mias Zeitreise hat im zweiten Obergeschoss im ersten Ausstellungsraum begonnen, der als Deck eines Segelschiffs gestaltet ist. Hier erfährt man, wie neue Schiffbautechniken Entdeckungsfahrten in unbekannte Gewässer überhaupt ermöglichten. Alte Seekarten zeigen die damaligen Routen, in einer Schatztruhe liegen Gold, Silber, Zucker, Gewürze, Baumwolle und Tabak – alles Schätze und exotische Produkte, die Seefahrer von ihren Abenteuern zurück in ihre Heimat und so in unser Leben brachten. An einem Holzbrett hängen Schiffstaus zum Üben der Schiffsknoten, in einem Holzfass sind Lücken für kleine Bildschirme eingeschnitzt, die verschiedene Geschichten von Seemännern wie Blackbeard oder Francis Drake erzählen. Dunkles Holz, Fässer, ein Steuerbord, Modellsegelschiffe und ein Screen, auf dem ein Horizont vorbeizieht, lassen in Kolumbus’ Welt eintauchen.
Der Kern der Erlebnisausstellung sei der Blick in die Vergangenheit, erklärt Lisa Engi vom Team Bildung und Vermittlung des Landesmuseums. «Mit den drei Hauptthemen wollen wir eine Brücke zur Gegenwart schlagen.» Dafür ist jedes Thema abwechselnd mit Medienstationen, Informationstafeln und vor allem interaktiven Elementen konzipiert. Wenn man vieles selber machen dürfe, sei der Vermittlungseffekt grösser, sagt Engi. So schauen, tasten, riechen, zeichnen sich die Kids durch die kleine, aber stimmige Ausstellung.
Geschichten hören in einem alten Zugabteil
Finja und Mia sind bereits weitergezogen und sitzen nun in einem alten Zugabteil. Die Beine baumeln von der Holzbank, durch einen Kopfhörer lauschen sie Zuggeschichten, ihr Blick ist aus dem fiktiven Fenster gerichtet, wo die Landschaft vorbeizieht. Hier wird mittels Modelleisenbahnen, der Geschichte der Spanisch-Brötli-Bahn und alten Kondukteursuniformen gezeigt, wie ab dem 19. Jahrhundert die Eisenbahn den Transport beschleunigte, den Tourismus ankurbelte und mit Brücken und Tunnels die Schweizer Landschaft nachhaltig veränderte. Mia kann vor allem dem Zugabteil viel abgewinnen: «Das ist wie im richtigen Zug, mit dem wir hierhergefahren sind.»
Das sei denn auch die grösste Schwierigkeit beim Konzipieren der Ausstellung gewesen, sagt Engi: den Inhalt an den Alltag der Kinder anzupassen, damit sie leichter verstehen können. Eine weitere Hürde war es, die verschiedenen Altersgruppen abzudecken. Ideal ist die Dauerausstellung, die im Herbst 2019 im neu umgebauten Westflügel des Museums eröffnet wurde, für Kinder zwischen 5 und 9 Jahren.
Auf und davon in 1001 Nacht
Finja und Mia sind nun in der wohl exotischsten Epoche angekommen. Mit geschwungenem Rundbogenfenster und schumm-rigem Licht erinnert der dritte Raum an einen orientalischen Palast. Am Boden liegen Sitzkissen im Kreis, in der Mitte ein Silbertablett mit kleinen Dosen. Riecht man daran, kann man erraten, welches Gewürz über die Handelsrouten den Weg in die westlichen Küchen fand. Aber nicht nur für den Geschmack war der Orient wichtig. Das arabische Zahlensystem, die Medizin oder Astrologie prägen unseren Alltag noch heute. So steht auch ein Astrolabium da, ein scheibenförmiges astronomisches Rechen- und Messinstrument. Doch für Finja und Mia sind die fliegenden Teppiche der Höhepunkt. Die Frage, was sie denn an diesen so toll fänden, beantwortet Finja mit einem Schulterzucken: «Ganz einfach, dass sie fliegen.» Dann dreht sie sich um, setzt sich im Schneidersitz auf den Teppich und fliegt in Gedanken davon in 1001 Nacht.
Mit fliegendem Teppich durch die Geschichte
Dauerausstellung: Di–So, 10.00–17.00, Landesmuseum Zürich
Ab 4 Jahren
www.landesmuseum.ch
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