Vier Alben in fünf Jahren. Und keines klingt wie das andere. Die wandlungsfähige Stimme von Fabian Sigmund, wie Fai Baba mit bürgerlichem Namen heisst, ist zwar immer präsent. Doch die Musik hat sich verändert: Sein erstes Album «Love Sikk» klang holprig und bluesig, teilweise sogar aufs Simpelste reduziert. Die neueste Platte «The Savage Dreamer» hingegen bewegt sich spielend zwischen Blues-Rock, Pop und Psychedelica. «Die Songs sind poppiger mit Strophen und Refrains, Zwischenteilen und kleinem Solo», beschreibt der Musiker sein Werk.
Fai Baba scheint selber über seine neugewonnene Konformität erstaunt zu sein. Zu Recht vielleicht, stösst er doch die Leute gerne vor den Kopf und liebt die Provokation: «Gerade in der Schweiz ist das nötig», sagt Sigmund. «Man muss die Schweizer etwas erziehen, viel zu schnell ist ihnen etwas zu schräg.»
Das Schlüsselerlebnis
Nach der Schule absolvierte der in Oberglatt ZH aufgewachsene Musiker eine Lehre zum Maschinenmechaniker. Ein Beruf, den der heute 29-Jährige nie ausübte. Viel lieber schlug er sich mit temporären Jobs durch, arbeitete in Büros oder auf Baustellen – und reiste so viel wie möglich. Heute kann er teilweise von seiner Musik leben, etwa wenn eine Platte erscheint und viele Auftritte gebucht sind. Ansonsten kommt Fai Baba als Techniker in Kunstgalerien über die Runden, streicht Wände und hängt Bilder auf. Am liebsten würde er nur von der Musik leben – von dem, was er am besten kann.
Im Alter von sechs Jahren hat Sigmunds Vater, ein fanatischer Fan der Beatles und Rolling Stones, seinen Sohn musikalisch sozialisiert. Als dieser ihn zum ersten Mal die Melodie vom Scorpions-Hit «Wind Of Change» pfeifen hörte, war es um den Erstklässler geschehen: Er wollte Rockgitarre spielen. Die Eltern schickten ihn in den klassischen Gitarrenunterricht, den er aber nach zwei Jahren aufgab. Bis heute kann Sigmund mit Noten nichts anfangen.
Fabian und der Guru
Sonic Youth und Post-Rock im Allgemeinen, alles Schrille und Schräge, prägten Sigmund vor seiner ersten langen Indienreise im Jahr 2005. Aber auch die Beatles waren damals, wie auch heute, sehr präsent. In Indien klimperte der Musiker stundenlang auf der Gitarre. Und es ging ihm ein Lichtlein auf: Bisher hatte er sich durch alle Englischprüfungen geschummelt und konnte die Sprache kaum. Nun, wo er diese brauchte, erschloss sich ihm das Songwriting: Pop, Rock und Balladen bekamen eine neue Bedeutung. Zurück in Zürich begann Sigmund unter dem Künstlernamen Fai Baba, einem Wortspiel aus Fabian und dem indischen Guru Sai Baba, Solomusik zu machen.
Bald stellten sich erste Erfolg ein. Fai Baba konnte in Zürich quasi auswählen, mit wem er spielen wollte. Bei seinem ersten New-York-Aufenthalt 2011 war dies anders: Lange versuchte er, in der Grossstadt ein Label zu finden. Doch die Szene ist vertrackt – reinkommen ist schwierig. Trotzdem konnte Sigmund vom Big Apple profitieren.
Sein Album «She’s My Guru» etwa nahm er bei seinem zweiten Aufenthalt in New York zu Hause auf und liess es später im Studio abmischen. Entstanden ist ein in seinen Augen über- und durchtriebenes Album: «In New York versuchen alle, etwas völlig Übertriebenes zu machen, um aus der Masse rauszustechen. Das hat sich auf mein Album ausgewirkt.»
Beachtliches Tempo
Einen Monat nach der Veröffentlichung von «She’s My Guru» fuhr der Musiker mit nur drei fertigen Songs und ein paar Skizzen im Gepäck zum befreundeten Musiker Björn Magnusson nach Brunnen SZ. In dessen Homestudio nahmen er und seine Mitmusiker mit Hilfe einer alten 8-Spur-Bandmaschine täglich ein bis zwei Songs auf. Ein beachtliches Tempo, das Sigmunds analoge Aufnahmetechnik ermöglichte: «Ich habe meist keine grosse Idee, sondern nur eine kurze Loop-Sequenz, die ich zu Hause eingespielt habe. Diese reproduzieren wir mit der Band und nehmen gleich auf. Teilweise heisst es schon beim dritten Take: Das ist es!»
Das letzte Wort
Die aufgezeichneten Songs wollte Sigmund sofort veröffentlichen, doch sein Label riet ab: Er solle bis im nächsten Jahr warten und ein komplettes Album vorlegen. In diesem Jahr zeichneten die Musiker weitere Songs auf. Erneut wurde vieles live aufgenommen, sodass man die Aufnahme nicht mehr rückgängig machen konnte. Jeder Beteiligte sollte seinen Stil einfliessen lassen. «Aber ich habe das letzte Wort», betont Sigmund.
Momentan hat es dem Zürcher das Saxofon angetan. Deshalb wird er sein fünftes Album mit Jazz-Musikern um Julian Sartorius aufnehmen. So erfindet Sigmund sich ein weiteres Mal neu.
Albumkritik
Mut zum Unperfekten
Für Fai Baba selber mag sein neues Album zwar «homogen» klingen, etliche andere werden aber trotz seiner klareren Songstruktur noch viel Wahnsinn und Lo-Fi-Elemente raushören. Die Zeit der Hippies scheint es dem Zürcher angetan zu haben – es wird verzerrt und mit Effekten gespielt, was das Zeug hält. Herausgekommen ist ein Album, das mit seiner unperfekten Art viel Live-Charme versprüht.
CD
Fai Baba
The Savage Dreamer
(A Tree In A Field Records 2014).
Konzert
Klangbasel
Sa, 20.9., 23.00
Kaserne Basel
Plattentaufe
Do, 25.9., 21.00
Bogen F Zürich