kulturtipp: Eva Oertle, Sie moderieren die Jubiläumssendung «25 Jahre Diskothek». Ehre oder Pflicht?
Eva Oertle: Eine Freude! Ich moderiere die «Diskothek» seit gut zehn Jahren und habe über 100 verschiedene Werke besprochen. Es ist eine meiner liebsten Sendungen.
Im schnelllebigen Medienbusiness hat die «Diskothek» ein fast biblisches Alter erreicht. Wie erklären Sie sich deren anhaltenden Erfolg?
Die «Diskothek» bietet die einzigartige Gelegenheit, «geführt» unterschiedliche Interpretationen eines Stücks anzuhören und tief in die Musik einzutauchen. Dazu kommt der Spass am Mitraten, denn die Experten beurteilen die Aufnahmen ja im Blindtest, sowie etwas Schadenfreude, wenn sie sich irren und eine blutjunge Interpretin für einen alten Star halten.
In Struktur und Länge wirkt die Sendung etwas ältlich. Stehen zum Jubiläum Änderungen an?
Was finden Sie ältlich? Wir wollen in einer Zeit, wo alles immer kürzer und schneller wird, bewusst das Zweistunden-Format beibehalten, um uns intensiv mit den Aufnahmen auseinandersetzen zu können.
Zur Jubiläumsausgabe wird die 6. Sinfonie von Gustav Mahler diskutiert: Weshalb diese schwere Kost?
In der allerersten Sendung stand bereits Mahlers 6. Sinfonie zur Diskussion. Es schien mir eine schöne Idee, zum Jubiläum dieses Werk wieder zu besprechen, zumal es eine grosse Anzahl an Neueinspielungen gibt.
Sonst stehen Werke vom Mittelalter bis in die Gegenwart auf dem Programm. Nach welchen Kriterien funktioniert die Auswahl?
Voraussetzung ist, dass genügend vergleichbare Aufnahmen existieren. Den Anstoss geben oft spannende Neuerscheinungen. Zudem achten wir auf eine gewisse Ausgewogenheit der Gattungen und der Epochen.
Als aktive Flötistin und Musikjournalistin nehmen Sie eine Doppelrolle ein. Ist es nicht heikel, Kollegen zu kritisieren?
Ich leite in der «Diskothek» das Gespräch, nehme also keine wertende Haltung ein, sondern überlasse die Kritik meinen Gästen. Auch sonst mache ich bewusst keine Konzertkritiken. Ich übe seit bald 20 Jahren beide Berufe parallel aus und habe die Bereiche immer getrennt, obwohl sie sich natürlich gegenseitig befruchten.
Welche Reaktionen bekommen Sie aus der Szene?
Eigentlich wird es geschätzt, dass ich mein Wissen aus der aktiven Musikszene einbringe.
Hat die «Diskothek»-Runde auch schon eine Ihrer eigenen Interpretationen diskutiert?
Nein.
Ist dies ein Tabu?
Ja, das ist ein Tabu.