Etta Scollo Ein Herz auf Reisen
Die sizilianische Sängerin Etta Scollo präsentiert auf ihrer neuen CD italienische Canzoni aus den 50er- und 60er-Jahren. Bald gastiert sie in Zürich.
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Kulturtipp 22/2011
Letzte Aktualisierung:
04.03.2013
Ruedi Ankli
Ein wenig Mysterium darf schon sein, sagte sich Etta Scollo wohl, als sie für das Cover ihrer neuen CD posierte. Da sieht man die Künstlerin zu Tisch, auf der Gabel eine Perlenkette aufgewickelt. Ob sie damit auf die Perlen von Canzoni und vertonten Gedichten anspielt, die sie für «cuoresenza» ausgewählt hat?
Drei Jahre nach einem Projekt über die mittelalterliche arabische Lyrik Siziliens hat die vielseitige Künstlerin ihr Flair für i...
Ein wenig Mysterium darf schon sein, sagte sich Etta Scollo wohl, als sie für das Cover ihrer neuen CD posierte. Da sieht man die Künstlerin zu Tisch, auf der Gabel eine Perlenkette aufgewickelt. Ob sie damit auf die Perlen von Canzoni und vertonten Gedichten anspielt, die sie für «cuoresenza» ausgewählt hat?
Drei Jahre nach einem Projekt über die mittelalterliche arabische Lyrik Siziliens hat die vielseitige Künstlerin ihr Flair für italienische Lieder aus den 50er- und 60er-Jahren entdeckt.
Italienische Perlen
Ihre Vielseitigkeit beweist Scollo (53) auch auf der neuen CD. So enthält sie zwei Vertonungen von Gedichten von Marthia Carrozzo und Stefano Benni, aber auch die Eigenkomposition «cuoresenza». Das heisst wörtlich übersetzt «Herz ohne (Körper)», spielt aber auch mit «cuoressenza» auf «wesentliches Herz» an.
Scollo stellt sich vor, wie ein Herz am Morgen erwacht und entdeckt, dass der Körper, der es umhüllte, fehlt. Es geht auf die Suche nach dem Körper. Für Scollo ist das der Leitfaden, an dem sie Perlen der italienischen Liedkunst aufreiht.
Aus ihren Kindheitserinnerungen taucht etwa das Dialektlied «La donna riccia» (1954) von Domenico Modugno auf, das Ettas Vater beim Rasieren sang. Im venezianischen Dialekt singt sie Gualtiero Bertellis dramatisches und der Tradition verbundenes «Nina ti te ricordi» (1967). Aber auch Schlager sind vertreten, wie «Se telefonando», der unverschämte Sommerhit der legendären Mina aus dem Jahr 1966.
Gekonnt geht Scollo an die Perlen der Cantautori heran. Zunächst an das 1966 entstandene «Canzone dell’amore perduto» von Fabrizio De André, das sie ebenso inniglich interpretiert wie «La cura» (1996) von Franco Battiato. Schliesslich gleitet sie von der schrägen Ironie in Paolo Contes Frühwerk «Lo scapolo» (1974) zu der – in perfektem Deutsch vorgetragenen – Wiener Milieuballade «Der Nowak», einer Moritat gegen den guten Ton von Cissy Kraner (1954).
Dass die auf Sizilien und in Berlin lebende Etta Scollo eine wahre Botschafterin der italienischen Kultur ist, zeigt sich auch im Begleitheft zur neuen CD: Dort stellt sie nämlich alle ihre Texte in vier Sprachen vor.
[CD]
Etta Scollo:
cuoresenza
(Trocadero 2011).
www.ettascollo.de
[/CD]