Als «Zen-Meister unter den Germanisten» wird der Zürcher Autor Peter von Matt im Vorfeld seiner Buchvernissage angekündigt. Ob Zen oder nicht, der emeritierte Professor versteht es, die Literatur lebendig zu vermitteln. In seinen 13 Essays tummelt sich ein breites Figurenrepertoire – von Faust bis Struwwelpeter, von Hamlet bis Dagobert Duck. Zu Klassikern bietet er überraschende Lesarten an, und eloquent umkreist er Themenfelder wie «Familiengeheimnisse» oder «Eros».

Die befreiende Wirkung der Literatur
«Warum aber ziehen uns die Schrecken des Eros in der Kunst in gleichem Masse an wie seine Seligkeiten?», fragt er etwa im Essay zu Liebe und Leidenschaft in der Literatur. «Was um Himmels willen haben wir davon, wenn wir sehen, wie die liebliche Desdemona vom rasenden Othello mit einem Kissen erstickt wird?»

Anhand solcher Fragen fächert er auf, welch befreiende Wirkung die Literatur haben kann – und welche Möglichkeiten sie uns eröffnet. «In der Kunst begegnet mir das Schreckliche in einer frei gefügten Gestalt, die mich selbst in Freiheit belässt, ja sogar in eine neue, unbekannte Freiheit versetzen kann», schreibt von Matt.

Der Literaturkritiker weiss, dass der erste Satz sitzen muss, und liefert in seinen Essays selbst Anfangssätze, die in den Text reinziehen. «Zur Dummheit braucht es mindestens zwei. Einen, der dumm ist, und einen, der es feststellt», beginnt er etwa sein Essay zur «Dramaturgie der Dummheit », in dem er auf Wahn und Weisheit bei «Don Quijote» eingeht.

Aber wer sind denn nun die Gestalten aus dem vielversprechenden Buchtitel? Von Matt meint damit die mannigfaltige Figur des Wissenschafters in der Literatur, wo es an Übeltätern, trocknen Schleichern und Lichtgestalten wahrlich nicht mangelt.

Buchvernissage
Mi, 5.4., 20.00 Kaufleuten Zürich

Buch
Peter von Matt - Übeltäter, trockne Schleicher, Lichtgestalten
240 Seiten (Hanser 2023)