kulturtipp: Sie spielen die technisch anspruchsvollen Abegg-Variationen von Robert Schumann – warum ein so kompliziertes Stück?
Sara Daneshpour: Ich trage dieses Stück schon lange mit mir herum, es bedeutet mit sehr viel. Die Abegg-Variationen sind die erste Musik, die Schumann geschrieben hat. Ich mag es einfach, dieses Stück zu spielen, weil man spürt, wie es vor Leben sprüht.
Wie sind Sie gerade auf dieses Stück gekommen?
Ich habe es vor Jahren einmal in der Küche auf einer CD gehört – und es hat mich gleich gepackt.
Brauchten Sie lange, um es einzuüben?
Nein, nein, nicht sehr lange. Es dauert eine Weile, bis ich das Wesen eines Stücks verstanden habe – das ist am wichtigsten für mich. Die technischen Ansprüche sind für mich viel einfacher.
Ihre liebsten Komponisten sind Sergej Rachmaninow und Sergej Prokofjew, die Sie in Bern ebenfalls spielen werden.
Ja, ich weiss, das habe ich einmal in einem Interview gesagt, weil ich dazu gedrängt wurde. Aber eigentlich ist das Unsinn. Ich habe keine wirklichen Lieblingskomponisten. Dennoch ist es richtig, dass ich je zwei kleine Stücke von ihnen in Bern spielen werde.
Sind Sie an einem Wettbewerb wie dem Prix du Piano unter grossem Druck?
Nein, gar nicht, das ist letztlich wie jedes andere Konzert ein Auftritt, bei dem man sein Bestes geben will – Wettbewerb hin oder her.
Sie bezeichnen sich als eine Teamplayerin, die sehr gerne mit Orchestern spielt.
Habe ich das einmal gesagt? Ach ja, ich kann mich erinnern. Ich habe damals gerade mit einem grossen Orchester gespielt und wollte den Musikern meine Dankbarkeit zeigen. Aber eigentlich bin ich eine Klaviersolistin und trete sehr gerne allein auf.
Was machen Sie denn ausser Klavier spielen?
Mein ganzes Leben ist Musik. Ich weiss nicht, wie lange ich jeden Tag am Klavier sitze. Ich schaue nicht auf die Uhr, sondern spiele einfach. Musik begleitet mich den ganzen Tag – ich höre nicht damit auf, um etwas anderes zu tun.
Warum reisen Sie eigentlich von so weit her, um in Bern dabei zu sein?
Ich war noch nie in der Schweiz, und ich freue mich, dieses Land kennenzulernen und andere Musiker zu treffen. Das wird ein Abenteuer für mich. Ich bin sehr froh, dass man mich zum Mitmachen eingeladen hat.
Sara Daneshpour
Die US-amerikanische Pianistin mit iranischen Wurzeln wuchs in einer Vorstadt von Washington D.C. auf. Als Teenager hatte sie ihren ersten weit herum beachteten Auftritt im Kunstmuseum Philips Collection in der amerikanischen Hauptstadt. Seither ist die inzwischen 27-jährige Musikerin eine gefragte Interpretin an wichtigen Häusern auf der ganzen Welt. Sara Daneshpour spielte unter anderem am Kennedy Center in Washington DC, in der Carnegie Hall in New York, im Salle Cortot des Pariser Konservatoriums und in der Great Hall des Moskauer Konversatoriums. 2007 gewann sie den ersten Preis des Internationalen Klavier-Wettbewerbs in Russland. Es folgten zahlreiche weitere Preise.
Die heute in Manhattan lebende Pianistin ist ein Liebling der US-amerikanischen Kritik. So schrieb etwa die «Washington Post» nach einem Konzert im American Art Museum über die junge Künstlerin: «Die wunderbare Pianistin spielte mit einer atemberaubenden Virtuosität und Verve.» Sie habe eine «bravouröse Vorstellung» geboten. Und auch das iranische Ministerium für Kultur und islamische Lebensführung in Teheran zollte ihrer Musikalität Anerkennung; sie konnte trotz ihrer US-amerikanischen Staatsbürgerschaft mit dem Sinfonieorchester von Teheran spielen.
Weitere Informationen:
www.saradaneshpour.com
8. Prix du Piano Interlaken Classics
Im Vorfeld der 55. Interlaken Classics treten vier junge Pianistinnen und Pianisten zum Wettbewerb Prix du Piano an. Sie stehen als Absolventen einer intensiven Ausbildung am Anfang einer erfolgreichen Solokarriere. Alle haben bereits renommierte Preise erhalten. Das Saalpublikum entscheidet über die Preisvergaben in der Höhe von 13 000 Franken.
Teilnehmende 2015:
Leonardo Colafelice (Italien)
Sara Daneshpour (USA)
Ilya Kondratiev (Russland)
Dmitry Shishkin (Russland)
Sa, 21.2., 17.00 Kursaal Bern