In drei Büchern mit dem Obertitel «Alle Toten fliegen hoch» hat der 1967 geborene deutsche Schauspieler Joachim Meyerhoff sein Leben zum Thema gemacht. Es ist seit 2011 ein grosses Erinnerungsprojekt, in einem Erzählton zwischen ernst und (selbst-) ironisch – zwischen himmeltraurig und hochkomisch. Autobiografien im wörtlichen Sinn sind die Bücher allerdings nicht, sie werden als «Romane» deklariert. Im zweiten heisst es einmal: «Erfinden heisst Erinnern.» Und: «Ich hatte etwas erfunden, das wahr war.»
Ort der Qualen
Das neue, dritte Buch «Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke» spielt in München. Für die ersten paar Wochen soll Meyerhoff in der herrschaftlichen Villa seiner Grosseltern unterkommen, bis er etwas Passendes gefunden hat. Es werden dreieinhalb Jahre daraus. So lange, wie Meyerhoff die renommierte Schauspielschule Otto Falckenberg besucht.
Die Schauspielschule ist ein Ort der Qualen. Meyerhoff erlebt zwischen 1989 und 1992 eine Leidenszeit mit traumatischen Erfahrungen. Lustig ist hingegen die Episode, als jeder in der Klasse einen Text aus der Perspektive eines bestimmten Tieres vortragen muss. Auf den gross gewachsenen schlanken Meyerhoff fallen Theodor Fontane und das Nilpferd. So macht er sich auf in den Zoo, um einschlägige Studien zu betreiben. Was bereits an der Zoo-Kasse zu komischen Komplikationen führt.
Daheim bei den Grosseltern wird gebechert. Die ehemalige Schauspielerin Inge Birkmann und ihr zweiter Mann, der emeritierte Philosophieprofessor Hermann Krings, verfolgen im Alter strikte Alltagsrituale. Dazu gehören Champagner vor dem Frühstück und danach, am Mittag Weisswein, abends Whisky, Rotwein und Cointreau. Wenn der Enkel da ist, muss er mittrinken. Einmal kommt Horst Tappert zu Besuch.
Viel Heiteres
Komisch und traurig: Dem Leben trotzt Meyerhoff viel Heiteres ab. Allerdings sterben immer wieder Menschen, die ihm nahestehen. Im ersten Buch «Amerika» etwa weilt der Erzähler für ein Ausstauschjahr in der US-Provinz von Wyoming, als sein Bruder daheim tödlich verunglückt. Der Vater erliegt in Teil 2 seinem Krebsleiden. Er war im norddeutschen Schleswig Leiter des Landeskrankenhauses für Kinder- und Jugendpsychiatrie, auf dessen Gelände die Familie wohnte.
Entstanden sind die autobiografischen Romane nach Meyerhoffs Bühnenprojekt «Alle Toten fliegen hoch», bei dem er seine Lebensgeschichten vortrug. Ein Verlagslektor regte an, den Stoff zu Romanen zu verarbeiten. So wurde der Schauspieler Meyerhoff als begnadeter Erzähler zum Bestseller-Autor.
Alle drei Bücher sind umwerfend und anrührend. Lesen muss man sie nicht zwingend in der Reihenfolge ihres Erscheinens. Aber die Lektüre aller drei lohnt sich unbedingt.
Joachim Meyerhoff: Trilogie «Alle Toten fliegen hoch»
Teil 1:
Amerika
320 Seiten
(Kiepenheuer & Witsch 2011).
Teil 2:
Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war
350 Seiten
(Kiepenheuer & Witsch 2013).
Teil 3:
Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke
347 Seiten
(Kiepenheuer & Witsch 2015).