Sie schreibt Musik mit Hitpotenzial. Songs wie «Lascha a mai» oder «Vaplan» sind oft auf Radio SRF 3 zu hören. Deren Texte freilich verstehen nur wenige Leute im Land, denn Bibi Vaplan schreibt und singt in Vallader. Die Unterengadiner Variante des Rätoromanischen sei ihre Muttersprache, erklärt die 35-jährige Bündnerin, und sie liege ihr folglich am nächsten. «Ich habe lange auf Englisch gesungen. Vallader fällt mir leichter und macht mich frei.»
Eigenwillige Texte
Diese Freiheit ist auch strukturell bedingt. Zwar gab es immer schon rätoromanisch singende Chansonniers, Pop- und Rockbands. Aber seit Kultursubventionen auch in diese Art von Musik fliessen, erweitern sich die Vertriebskanäle. Dies öffnet Bands wie den Sursilvan-Rappern Liricas Analas, dem Sedruner Folksänger Pascal Gamboni oder der Band Cha da Fö aus Scuol den Markt auch jenseits der engen Sprachgrenzen. Wie Gamboni, Cha da Fö und manch andere hat Bibi Vaplan im Churer Musiklabel R-Tunes einen engagierten Verlag und Promoter gefunden.
Ein Glück, denn die Engadinerin verdient Aufmerksamkeit. Ihre Texte, deren Übersetzungen sich auf ihrer Website nachlesen lassen, sind im besten Sinne eigenwillig. Keine Herz-Schmerz-Reimerei, sondern bildkräftige Poesie, die nachhallt. Wenn Bibi Vaplan singt, sie fühle sich wie ein Gugelhopf (der übrigens auch auf Vallader «Gugelhopf» heisst), ist das irritierend im witzigen Sinn. Wenn sie aber von knapp erahnbaren Schemen erzählt, die sie verfolgen, vom rufenden Wolf oder von plötzlichem Stimmverlust, packt sie Urängste und tiefsitzende Emotionen in frappierende Bilder. «Meine Texte entstehen aus der Stille, aus Schmerzen und Sprachlosigkeit, aus der Schönheit, aus dem Wind und aus der Dunkelheit», sagt sie. Und wer ihre Poesie gehört und gelesen hat, glaubt ihr aufs Wort.
«Cul vent» (mit dem Wind) heisst Bibi Vaplans vierte CD, auf der Bergwinde und schattige Wälder ebenso zu spüren sind wie herumtollende Geister. Ein urtümliches Ambiente, das die Musikerin nach ihrem Studium und diversen Engagements in Zürich zurück ins Bündnerland gezogen hat. «Hier gönne ich mir Ruhe, Zeit, Natur und lasse die Geister durch meine Lieder ziehen.»
«Geh langsam!»
Diese bewusst gesuchte Entschleunigung findet auch Niederschlag im Künstlerinnennamen. Bibi Vaplan heisst bürgerlich Bianca Mayer. Bibi war ihr Kinder-Kosename, und «va plan» bedeutet «geh langsam!». «Der Name ist für mich ein Wegweiser», erklärt die Künstlerin.
Ihre neue CD hat Bibi Vaplan, die als Pianistin und Sängerin bisher solo auftrat, erstmals im Trio eingespielt. «Ich kann meine Klangfarbe anhand der Kraft des Schlagzeugs und der Tiefe des Kontrabasses erweitern», erklärt sie. Diese Rollen haben im Studio Drummer Michael Nobel und Bassist Reto Claudio Gaffuri übernommen. Auf Tournee geht Bibi Vaplan mit Martina Berther am Bass und Dario Sisera am Schlagzeug.
CD
Bibi Vaplan
Cul vent
(R-Tunes 2015).
Konzerte
Mi, 1.4., 20.30 Moods Zürich (CD-Taufe)
Do, 9.4., 20.30 Parterre Basel
Fr, 10.4., 20.30 Nordportal Baden AG
Weitere Daten auf: www.bibivaplan.ch