Eine Familien-Verstörung
Was passiert, wenn der Ehemann und Vater sich als schwul outet? Claudia Lorenz zeigt es in ihrem ersten Kinospielfilm.
Inhalt
Kulturtipp 05/2015
Letzte Aktualisierung:
23.02.2015
Urs Hangartner
«Eifach so chli us Gwunder» habe er die Gay-Site im Netz besucht, sagt Frank (Dominique Jann), als seine Frau Alice (Ursina Lardi) auf dem gemeinsam genutzten Computer das einschlägige Internet-Portal entdeckt. Seit 18 Jahren sind Frank und Alice verheiratet. Mit ihren drei Kindern ziehen sie am Anfang des Films aufs Land. Die Familie droht bald aus den Fugen zu geraten.
Frank druckst rum und rückt es schliesslich raus: «Ich han öpper känneglern...
«Eifach so chli us Gwunder» habe er die Gay-Site im Netz besucht, sagt Frank (Dominique Jann), als seine Frau Alice (Ursina Lardi) auf dem gemeinsam genutzten Computer das einschlägige Internet-Portal entdeckt. Seit 18 Jahren sind Frank und Alice verheiratet. Mit ihren drei Kindern ziehen sie am Anfang des Films aufs Land. Die Familie droht bald aus den Fugen zu geraten.
Frank druckst rum und rückt es schliesslich raus: «Ich han öpper känneglernt.» Dieser Jemand ist ein Mann: «Ich muss auch mal atmen können. Ich war ein Leben lang vernünftig.» Alice versucht, vorerst ungläubig, die Beziehung zu retten, die Familie zusammenzuhalten. «Warum kann es nicht einfach Platz für beides haben?»
Für Frank ist klar: «Ich kann nicht mehr zurück. Es wird niemals mehr, wie es war.» Endlich werden auch die Kinder eingeweiht. «Spinnsch!», ist die entrüstete Reaktion der Tochter Nina gegenüber ihrem Vater. Luca, der Ältere, meint, als seine Mutter sagt «Er hat mich geliebt»: «Dumme Kuh. Er ist ein egoistisches Arschloch.»
Subtiler Film-Erstling
Am Anfang fährt die Kamera hinein in die Wohnung, die von der Familie bezogen wird und in die neues Leben kommt. Am Ende, ein Jahr später, die Rückwärtsbewegung: Die Kamera zeigt einen Ort, der ein anderer geworden ist. Und auch die Bewohner haben sich verändert.
Die Schweizer Filmerin Claudia Lorenz (* 1975) legt mit «Unter der Haut» ihren Langfilmerstling vor. Ihr Drehbuch ist «die Verdichtung intensiver, sehr persönlicher Gespräche mit schwulen Vätern und ihren Familienangehörigen, die mir tiefe Einblicke in ihre Ehe- und Familiengeschichten erlaubten.» Der Stoff ist aus dem Leben geschöpft. «Explizit» gezeigt wird praktisch nichts. Vieles ist ausgespart und bleibt angedeutet in dieser subtil gemachten Geschichte einer familiären Verstörung und Verletzung – und eines Neuanfangs.
Unter der Haut
Regie: Claudia Lorenz
Ab Do, 26.2., im Kino