Ein Unschuldiger im Visier
Ein Mann wird geächtet und gejagt. Wegen einer Tat, die er nicht begangen hat. «Jagten» von Thomas Vinterberg erzählt von einer Massenhysterie.
Inhalt
Kulturtipp 03/2013
Urs Hangartner
Ein dummer Augenblick kindlicher Eifersucht bringt alles ins Rollen. Die kleine Klara (Annika Wedderkopp) fühlt sich vom beliebten Kindergartenlehrer Lucas (Mads Mikkelsen) vernachlässigt. Es sei etwas vorgefallen, «das nur zwischen Erwachsenen sein sollte», sagt die Kindergarten-Leiterin und lässt daraufhin ihren Mitarbeiter Lucas fallen. Andere Kinder bezeugen ebenfalls, Opfer zu sein. Alle erzählen identische Sachverhalte – die objektiv falsch sind. Da...
Ein dummer Augenblick kindlicher Eifersucht bringt alles ins Rollen. Die kleine Klara (Annika Wedderkopp) fühlt sich vom beliebten Kindergartenlehrer Lucas (Mads Mikkelsen) vernachlässigt. Es sei etwas vorgefallen, «das nur zwischen Erwachsenen sein sollte», sagt die Kindergarten-Leiterin und lässt daraufhin ihren Mitarbeiter Lucas fallen. Andere Kinder bezeugen ebenfalls, Opfer zu sein. Alle erzählen identische Sachverhalte – die objektiv falsch sind. Das ist die Ausgangslage von «Jagten».
Der dänische Regisseur Thomas Vinterberg knüpft damit thematisch bei seinem Dogma-Film «Festen» (1998) an. Aber die Perspektive hat gewechselt: Damals kam es bei einem Fa-
milienfest zum Eklat, als die erwachsenen Kinder den Missbrauch durch den Vater ans Licht brachten. In Vinterbergs neuestem Werk «Jagten» steht nun ein fälschlicherweise Beschuldigter als Opfer im Mittelpunkt.
Jagd nimmt ihren Lauf
Die kleine Klara widerruft ihre Geschichte – aber das nützt nichts. «Mein kleines Mädchen lügt nicht», sagt Klaras Vater Theo – bisher Lucas’ bester Freund. Die Stimmung in der kleinen Gemeinde, in der jeder jeden kennt, steigert sich zur Massenhysterie. Die Hexenjagd nimmt ihren Lauf.
Das Motiv der Jagd spielt gleich auf mehreren Ebenen. Lucas sieht man am Anfang als Jäger mit dem Gewehr, wie er im Wald einen Hirsch erlegt. Er wird selber zum gejagten Wild. Ein gehetzter Mensch, eine gequälte Seele, unschuldig, wie das Publikum von Beginn weg weiss.
Im Supermarkt bedient man ihn nicht mehr. Und man wirft mit Konservendosen nach ihm. Sein Hund wird getötet. Lucas ist zum Geächteten geworden. Nur ein paar wenige halten zu ihm, sein getrennt von ihm lebender Teenagersohn und dessen Taufpate.
«Ein Jahr später», zeigt ein Zwischentitel an. Alles ist wieder gut. Da passiert es: Ein Unbekannter schiesst auf Lucas. Es ist nicht vorbei …
[Film]
Jagten
Regie: Thomas Vinterberg
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