Eine gehörige Portion Mut gehörte dazu: Eigentlich wagte sich das Duo Wolfman (Angelo Repetto und Katerina Stoykova) nicht, sich beim Wettbewerb der Demotape Clinic (DTC) anzumelden. Zu gross war ihr Respekt, sich von einer Jury vor versammeltem Publikum kritisieren zu lassen. Trotzdem reichte die Band eine Demo-Aufnahme ein. «Wir schätzten die Chance, die Vorauswahl zu überstehen, als gering ein. Aber ein Versuch kann nie schaden», erzählt Stoykova rückblickend.
Das M4Music Festival bietet mit der DTC Künstlern aus den Sparten Pop, Rock, Electronic und Urban alljährlich die Chance, Demo-Aufnahmen einzureichen. Eine Vorjury wählt aus den Einsendungen die besten Demos jeder Kategorie aus. Eine weitere Jury urteilt über die Ausgewählten an der DTC-Live-Session im Schiffbau Zürich: Diese Branchenexperten und erfahrenen Musiker besprechen die Aufnahmen vor dem Publikum – Tipps für die Künstler inklusive.
Lob in den Himmel
Das Demotape von Wolfman überstand die Vorauswahl. Ende März 2013 sassen die jungen Künstler bei der DTC-Live-Session im Bereich Pop vorerst im Publikum. Sie hörten mit, wie die Jury die Demos der Bands knallhart bewertete und kritisierte. Rückblickend finden Repetto und Stoykova, dass die Kritik weder destruktiv noch unfair war: «Die Jury war einfach brutal ehrlich und versuchte, den Künstlern konstruktive Ratschläge auf den Weg zu geben.» Trotzdem stand das Duo in diesem Augenblick kurz davor, den Saal zu verlassen und sich die Prozedur zu sparen. Glücklicherweise blieben sie, denn kurz darauf lobte die Jury ihre Musik in den Himmel.
Stoykova und Repetto gewannen den Wettbewerb in der Kategorie Pop überraschend. Aber was bringt dieser Sieg den beiden? Laut Promotorin und Jurymitglied Fabienne Schmuki grundsätzlich zwei Dinge: «Geld und Öffentlichkeit.» Die Gewinner jeder Kategorie (Rock, Pop, Electronic, Urban) profitieren finanziell von dem mit je 3000 Franken dotierten Fondation-Suisa-Award. Zusätzlich erhält der beste Künstler aus allen Sparten 5000 Franken für das «Demo of the Year». Wenig Geld, denkt man an all die Arbeit und das Herzblut, das in der Musik steckt – aber dennoch eine wichtige Anerkennung.
Zudem nimmt das Interesse der Medien nach dem Sieg kurzfristig rapide zu. Aber Fabienne Schmuki warnt: «Die Öffentlichkeit kann schnell weg sein. Am besten ist es, wenn man sich gute Kontakte angelt.» Es sei ein kleiner Schritt, als Sieger aus der DTC hervorzugehen. «Danach liegt es in der Eigenverantwortung jedes Künstlers, was er aus dem Sieg macht.»
Für Wolfman hat der Sieg viele Türen geöffnet. Zwar glauben Stoykova und Repetto, dass viele der bisherigen Gewinner ohnehin den Durchbruch geschafft hätten. «Aber die DTC beschleunigt den Prozess enorm», sagt Repetto. Die Zürcher Band bekam nach dem Wettbewerb eine Anfrage vom Label Irascible. Sie erhielten einen professionellen Auftritt in der Öffentlichkeit und Promotion – Gold wert im hartumkämpften Musikbusiness.
Im Gespräch bleiben
Laut Promotorin Schmuki dürfen sich die Gewinner nicht auf Lorbeeren ausruhen: «Vergangene Gewinner wie Steff la Cheffe, Solange la Frange, Domi Chansorn oder Knackeboul haben sich schon früh in einem guten Umfeld betreut gefühlt – oder sie vermochten mit unermüdlicher Energie und neuen Ideen im Gespräch zu bleiben.»
Repetto und Stoykova veröffentlichten nach ihrem Sieg im September 2013 ihr erstes Album «Unified». Auf dieses hochgelobte Werk folgten etliche Auftritte.
Die Geschichte der Band begann bescheiden im Treppenhaus eines Wohnblocks im Zürcher Kreis 4. Angelo Repetto und Katerina Stoykova kannten sich vom Sehen und zogen zufällig ins selbe Haus. Ein Glücksfall. Sie fanden in der Musik schnell Gemeinsamkeiten und spielten sich gegenseitig Stücke vor. Schon bald sassen sie bei einer ersten Jamsession in Repettos Wohnung zusammen – es sollte nicht die letzte bleiben.
«Die Gründung der Band Wolfman ergab sich von alleine», sagt Repetto, «wenn man fünf komplette Lieder hat, muss man sagen – jetzt sind wir eine Band und ziehen das weiter.» Gesagt, getan. Im Schlafzimmer von Angelo Repetto wurden erste Songs – und Demotapes – aufgezeichnet. Der Rest ist Geschichte.
M4Music Festival: Konzerte und Gespräche
Hochkarätige Konzerte am M4Music Festival: So sind am Freitag die Disco-Popper WhoMadeWho, die Berliner Folk-Band Mighty Oaks oder die US-Indiegrösse We are Scientists zu hören. Und am Samstag folgen in der Schiffbauhalle auf The Rambling Wheels aus Neuenburg die Berliner Pianistin und Sängerin Dillon, die Elektro-Popper Broken Bells sowie die Freak-Kapelle Bonaparte.
In den Gratiskonzerten auf dem Schiffbauplatz treten Schweizer Bands wie die Berner Indie-Folk-Truppe Silver Firs auf.
Zudem lockt eine «Conference» mit Vorträgen, Interviews, Workshops und Diskussionsrunden. Dort kann man sich mit Branchenkennern austauschen. Am Samstag interviewt etwa der Journalist Markus Kavka den Gründer des Indie-Labels Mute Records, Daniel Miller.
M4Music Festival
Do, 27.3.–Sa, 29.3.
Schiffbau, Moods, Exil Zürich
Studio 15 RTS Lausanne
www.m4music.ch
Wolfman
Unified
(Wolfman 2013)
M4Music Demotape Clinic
Fr, 28.3.–Sa, 29.3.
Box im Schiffbau Zürich
Wolfman live
Fr, 28.3., 22.00 Moods Zürich