Ein Rabbi in Nöten
Der jüdische Professor Alfred Bodenheimer debütiert als Krimi-Autor: In «Kains Opfer» ermittelt ein Rabbi in der jüdischen Gemeinde in Zürich – und gerät mit seinem beherzten Eingreifen in die Bredouille.
Inhalt
Kulturtipp 21/2014
Babina Cathomen
Keiner kennt seine Schäfchen und ihre Eigenheiten so gut wie der Rabbi. Und auch die Begegnung mit dem Tod ist Teil seines Alltags – nur Mord fällt für gewöhnlich nicht darunter. Just damit ist aber Rabbi Klein konfrontiert, als in seiner Zürcher Gemeinde ein jüdischer Lehrer tot aufgefunden wird. Bald ist der rechtschaffene Rabbi mehr in den Fall verwickelt, als ihm lieb ist. Klein macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, die bis nach Jerusalem füh...
Keiner kennt seine Schäfchen und ihre Eigenheiten so gut wie der Rabbi. Und auch die Begegnung mit dem Tod ist Teil seines Alltags – nur Mord fällt für gewöhnlich nicht darunter. Just damit ist aber Rabbi Klein konfrontiert, als in seiner Zürcher Gemeinde ein jüdischer Lehrer tot aufgefunden wird. Bald ist der rechtschaffene Rabbi mehr in den Fall verwickelt, als ihm lieb ist. Klein macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, die bis nach Jerusalem führt. Doch je näher er der Lösung kommt, desto grösser sein moralisches Dilemma. Inwieweit darf er die Mitglieder seiner Gemeinde schützen – welche Lügen oder Vertuschungen gegenüber der Polizei sind noch vertretbar?
Alfred Bodenheimer schafft mit seinem ermittelnden Rabbi eine sympathische Figur mit all ihren Selbstzweifeln. Trotz einiger unwahrscheinlicher Zufälle entwickelt der Autor einen packenden Krimi-Plot mit überraschendem Ausgang. Nebenbei erhalten die Leser einen Einblick in den Alltag einer israelitischen Gemeinde in Zürich, in die Traditionen und Denkweisen, wider alle Klischees. Die Frauen, allen voran Kleins bodenständige Gattin, sind durchwegs starke Figuren. Auch wenn das jüdische Eherecht ihnen einige Steinbrocken in den Weg zur Selbstbestimmung legt.
Der 48-jährige Basler Autor lebt selbst in der jüdischen Gemeinschaft und hat sich als Professor für jüdische Literatur und Religionsgeschichte an der Universität Basel intensiv mit dem Judentum auseinandergesetzt. Dies zeigt sich auch in seinem Debütroman mit philosophischem Einschlag: Die Leser begleiten den grüblerischen Rabbi Klein bei seinen kritischen Überlegungen zu den Schabbatpredigten oder seiner Auseinandersetzung mit orthodoxem und liberalem Judentum. Mit Gott lebt Klein in einer «komplizierten, insgesamt aber einträchtigen on-and-off-Beziehung».
«Der Krimi ist eine gute Möglichkeit, sich mit ernsthaften Lebensfragen unverkrampft zu befassen», sagt Bodenheimer. «Es war für mich wichtig, dass die Auseinandersetzung mit der geistigen Welt des Rabbis der Handlung zusätzliche Tiefe verleiht.» Von Rabbi Klein wird man noch hören: Der Autor schreibt bereits an seinem zweiten Fall.
Alfred Bodenheimer
«Kains Opfer»
223 Seiten
(Nagel & Kimche 2014).