«Irgendwo, vor einiger Zeit» heisst es im Vorspann. Lange zwölf Jahre hat sich der Mittdreissiger Louis (Gaspard Ulliel) nicht mehr bei seiner Familie gemeldet. Jetzt fliegt der erfolgreiche Schriftsteller nach Hause. Louis, der verlorene schwule Sohn, weiss, dass er bald sterben wird. Diese traurige Botschaft will er beim Abschiedsbesuch überbringen.
Zur Zusammenkunft versammeln sich die aufgebrezelte, exaltierte Mutter Martine (Nathalie Baye), der aggressive, zum Psychopathischen neigende Bruder Antoine (Vincent Cassel) und dessen hypersensible Ehefrau Catherine (Marion Cotillard). Léa Seydoux spielt die jüngere perspektivenlose Schwester Suzanne; sie will weg von hier. Die Zeit, die sie daheim auszuharren hat, kifft sie sich schön.
Von Eintracht ist nur wenig spürbar
In dieser angespannten Lage entwickelt sich ein Familiendrama. Alte Wunden reissen auf, schmerzhaft kommen Verdrängtes und Unausgesprochenes an die Oberfläche. Louis sieht sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert und erfährt, dass seine erste Liebe vor einer Woche gestorben ist. Von Versöhnung oder friedlicher Eintracht ist wenig spürbar, auch wenn sich Louis noch so sehr darum bemüht.
Der Film basiert auf dem 1990 erschienenen Theaterstück von Jean-Luc Lagarce. Das Theatrale hat die Inszenierung für die Leinwand bewahrt: Xavier Dolans sechster Film bleibt mit wenigen Ausnahmen – Anreise, Essen im Garten, Autofahrt – ein Kammerstück, die Personen sind oft in Grossaufnahmen gefilmt. So stellen sich Nähe und Enge eines «huis clos» ein.
Eigentlich bleibt alles, wie es war. Nach ein paar Stunden geht Louis wieder fort. Hat er es vorher geschafft, die Nachricht von seinem Sterben den Seinen mitzuteilen?
Juste la fin du monde
Regie: Xavier Dolan
Ab Do, 29.12., im Kino
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