Sie haben, wenigstens in der Musik, für eine kubanische Weltrevolution gesorgt, die Alten vom Buena Vista Social Club. 20 Jahre nach der Gründung widmet ihnen Regisseurin Lucy Walker einen Abschiedsfilm. Sie porträtiert einzelne Mitglieder, spannt einen Bogen zu Politik sowie zur kubanischen Musikgeschichte und zeigt Szenen von der grossen Abschiedstournee, welche die verbliebenen Mitglieder zusammen mit jungen Musikern absolvierten. Naturgemäss sind die Filmbilder von viel Wehmut geprägt.
Einige sind schon länger nicht mehr unter den Lebenden: Ibrahim Ferrer (gestorben 2005), Rubén González (2003), Compay Segundo (2003). Sängerin Omara Portuondo, geboren 1930, ist nach wie vor auf den Konzertbühnen aktiv. Sie waren nie eine All-Star-Band, sondern eine Reaktivierung von Musikern, die vor 20 Jahren dem Vergessen entrissen wurden, zum Teil seit langer Zeit im Ruhestand waren. Ibrahim Ferrer, in jungen Jahren stets in der zweiten Reihe, war verbittert. Als man ihn vor 20 Jahren für das Buena-Vista-Projekt von Ry Cooder anfragte, verdingte Ferrer sich als Schuhputzer. Rubén González’ Piano war von Termiten zerstört.
Omara Portuondo erzählt aus dem Leben
Die Dokumentation «Buena Vista Social Club: Adíos» wartet mit einigen Fundstücken aus der Vergangenheit auf. Darunter ein schwarz-weisser TV-Werbespot für Zigaretten. Das Frauen-Quartett Las d’Aida interpretiert die gesungene Reklame für die US-Marke Winston. Eine der vier jungen Sängerinnen: Omara Portuondo. Sie erzählt die traurige Anekdote, Stichwort Rassismus, dass sie unter den kleinen Mädchen im Ballett das talentierteste war, aber nicht in die Schule aufgenommen wurde, weil sie farbig war. Sie gilt heute als Grande Dame der kubanischen Musik.
Famose musikalische Zeugnisse
Die männlichen Mitglieder des Buena Vista Social Club können sich vor der Kamera als Diven gebärden. Trompeter Manuel «El Guajiro» Mirabal, mit Jahrgang 1933 einer der «Jüngeren», gibt sich sehr selbstbewusst: «Sie suchten den Besten, also nahmen sie mich.» Gitarrist Compay Segundo berichtet, wie ihm vor 20 Jahren der Projekt-Initiant Ry Cooder ein altes Tonband mit einem Solo vorspielte. Ob er auch ein solches hinbekomme? «Das auf dem Band, das war ich!», sagt Segundo.
Bei einer Probe wird Compay Segundo leicht ungehalten. Kapellmeister Juan De Marcos reklamiert, seine Gitarre sei falsch gestimmt. Darauf Segundo: «Die Maschinen lügen!» (gemeint: die Stimmgeräte) Compay Segundo, Jahrgang 1907, ist der Älteste von allen und nach eigener Einschätzung halt auch der Beste: «Findet mal einen anderen Greis, der so gut Gitarre spielt!»
Der Buena Vista Social Club ist Vergangenheit. Es bleiben die famosen musikalischen Zeugnisse auf Tonträgern, der Film von Wim Wenders aus dem Jahr 1999 und die dokumentarischen Bilder des aktuellen Werks. Im afrokubanischen Kulturlokal, von dem der Buena Vista Social Club sich einst seinen Namen lieh, befindet sich übrigens seit langem ein Fitnesszentrum.
Buena Vista Social Club: Adíos
Regie: Lucy Walker
Ab Do, 19.10., im Kino