Ein Banker im Sumpf
Urs Widmer bringt Finanzjongleure auf die Theaterbühne. Peter Schweiger inszeniert sein Capriccio «Münchhausens Enkel» im Zürcher Theater Rigiblick.
Inhalt
Kulturtipp 05/2012
Frank von Niederhäusern
«Masshalten ist meine Devise. Prost!» Der Banker steht alleine auf der Bühne. Begleitet nur vom Pianisten, den er mal Brendel, mal Gould, mal Horowitz nennt. Nur nie beim richtigen Namen. Es ist erster Donnerstagabend im Monat und damit «jour fixe» in der Luxuswohnung des Bankers. Doch keiner seiner Gäste erscheint, was ihn stutzig macht, dann wütend, schliesslich kleinlaut: «Ich hab doch nicht die Pest …!»
Im Theater...
«Masshalten ist meine Devise. Prost!» Der Banker steht alleine auf der Bühne. Begleitet nur vom Pianisten, den er mal Brendel, mal Gould, mal Horowitz nennt. Nur nie beim richtigen Namen. Es ist erster Donnerstagabend im Monat und damit «jour fixe» in der Luxuswohnung des Bankers. Doch keiner seiner Gäste erscheint, was ihn stutzig macht, dann wütend, schliesslich kleinlaut: «Ich hab doch nicht die Pest …!»
Im Theater Rigiblick hoch über Zürich feiert Ende Februar das neue Stück von Urs Widmer Uraufführung. «Münchhausens Enkel» erzählt von ebendiesem Banker, der vor dem Konkurs steht und von allen alleine gelassen ist.
Missliche Lage
Im «Dialog» mit dem schweigsamen, aber trefflich begleitenden Pianisten versucht der Banker, seine missliche Lage zu verarbeiten, indem er sich an seinen Ururururururururururgrossvater Baron von Münchhausen erinnert. Dieser hat sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen, erzählt er dem Pianisten voller Bewunderung. Denn aktuell steckt er selbst im Sumpf und weiss: «Ganz langsam sinkst du ein. Bleibst du ruhig, ist es falsch; strampelst du um dein Leben, ist es noch falscher.»
Urs Widmer hat das Stück nach einer Idee von Daniel Fueter geschrieben. Bei einem gemeinsamen Nachtessen habe der Zürcher Pianist und Komponist die These vertreten, dass die heutigen Münchhausens in den Grossbanken sitzen, erzählt Daniel Rohr, der das Stück produziert und den Banker spielt. «Am selben Abend haben wie eine Stückidee skizziert.»
Im Videoblog zum Stück erzählt Urs Widmer, ihn habe die Idee derart beflügelt, dass er in kürzester Zeit dieses «leichte Capriccio zum Thema Ökonomie» schrieb. Hinzu sei die Traumkonstellation gekommen, bestehend aus dem erprobten Bühnenpaar Daniel Rohr (Banker) und Daniel Fueter (Pianist), das seit Jahren mit Produktionen wie «In einer Sternennacht am Hafen» oder «To The Dark Side Of The Moon» Theatersäle füllt. Regie führt Altmeister Peter Schweiger, Spezialist für Produktionen zwischen Szene und Musik. Für das genial karge Bühnenbild ist – einmal mehr im Theater Rigiblick – Tina Carstens verantwortlich.
Obwohl kurz und linear konstruiert, hat «Münchhausens Enkel» unzählige Falltüren, Brüche und Pointen. Der Text ist komplex, gespickt mit Wortspie-
len und Realitätsbezügen. So kommt Bundesrätin Widmer-Schlumpf ebenso vor wie EZB-Präsident Mario Draghi.
Exakt synchronisiert
Ein Probenbesuch im Rigiblick zeigt das Team bei der heiteren, aber intensiven Arbeit. «Das Timing ist enorm wichtig», sagt Regisseur Peter Schweiger. «Das raffinierte Zusammenspiel von Text und Musik erfordert eine exakte Synchronisierung.»
Dieses Zusammenspiel ist zum Erfolgsrezept nicht nur von Rohr und Fueter geworden. Im Theater Rigiblick, das Daniel Rohr seit 2004 leitet, spielt Musik eine zentrale Rolle. «Wir möchten einfache Geschichten erzählen, die das Publikum packen», sagt er. Mit Urs Widmers Farce über den Grössenwahn der Finanzbranche ist ein weiterer Coup programmiert.