DVD: Wer ändert die Welt?
Einst zensuriert und verboten, jetzt restauriert: Der Klassiker «Kuhle Wampe» von 1932 entstand unter Mitarbeit von Bertolt Brecht und mit der Hilfe eines Zürcher Filmproduzenten.
Inhalt
Kulturtipp 04/2021
Urs Hangartner
Es fehlten noch zehn Prozent der gesamten Produktion, als die kommunistisch geprägte Firma Prometheus Film in Konkurs ging. Der Zufall wollte es, dass der Produzent in Berlin auf den gerade in der Stadt anwesenden Lazar Wechsler aufmerksam wurde. Der Besitzer der Praesens-Film in Zürich half, «Kuhle Wampe» fertigzustellen.
Doch schon nahte neues Unheil: Die Zensur schritt ein. Die Gesamthaltung des Films sei staatsgefährdend, er enthalte «entsittlich...
Es fehlten noch zehn Prozent der gesamten Produktion, als die kommunistisch geprägte Firma Prometheus Film in Konkurs ging. Der Zufall wollte es, dass der Produzent in Berlin auf den gerade in der Stadt anwesenden Lazar Wechsler aufmerksam wurde. Der Besitzer der Praesens-Film in Zürich half, «Kuhle Wampe» fertigzustellen.
Doch schon nahte neues Unheil: Die Zensur schritt ein. Die Gesamthaltung des Films sei staatsgefährdend, er enthalte «entsittlichende» Szenen, befand die Filmprüfstelle. Erst als beanstandete Szenen herausgeschnitten wurden, gab die Zensurbehörde im April 1932 ihre Einwilligung. Kein Jahr später verboten die Nazis den Film.
«Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?» spielt zur Zeit der Wirtschaftskrise. In Berlin kann die Familie Bönicke die Miete nicht mehr bezahlen. Ihr Sohn Franz stürzt sich in hoffnungsloser Lage aus dem Fenster. Tochter Anni (Hertha Thiele) ist mit dem Autoschlosser Fritz (Ernst Busch) liiert. Dank ihm kann die Familie in die Zeltkolonie Kuhle Wampe vor den Toren Berlins ziehen. Fritz verlobt sich mit Anni, sie erwarten ein Kind, aber Anni will abtreiben.
«Ein interessantes dokumentarisches Werk»
Ein grosses Sporttreffen der Arbeiterbewegung findet statt. Auf der Heimfahrt in der S-Bahn diskutieren die jungen Sportler mit anderen Passagieren: «Wer wird die Welt ändern?» – «Die, denen sie nicht gefällt.»
Regie im Film führte der Bulgare Slatan Dudow, der zusammen mit Bertolt Brecht das Drehbuch schrieb. Brecht war zudem an der Inszenierung beteiligt. Das Zürcher Kino Studio Nord-Süd unterschlägt in einem Inserat von 1936 den Regisseurnamen und wirbt dafür mit «ein Brecht-Film». Es gehe um das «Berliner Arbeiter-Milieu vor dem Hitler-Régime». Und: «‹Kuhle Wampe› ist auf alle Fälle ein höchst interessanter dokumentarischer Film, der jedermann interessieren wird, gleichviel welcher politischer Richtung er angehört.»
Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?
Regie: Slatan Dudow; D 1932
72 Min., Bonus: Booklet
(Atlas Film/Praesens-Film 2020)