Die Hauptrolle in «Hausen» spielt ein 18 Stockwerke hoher Wohnblock, ein heruntergekommener Plattenbau, der vor 40 Jahren errichtet wurde. Es ist ein Spukhaus mit Eigenleben. Ein undefinierbares Etwas, ein «Es» in Form einer zähflüssigen, schleimartigen schwarzen Masse ergreift die Bewohnerinnen und Bewohner des Blocks, manipuliert und zerstört sie. «Es» ist böse, und es ist überall.
Eingenistet hat sich das Glibberzeug in den Wänden, wo es wuchert und pulsiert. Es strömt aus allen möglichen Löchern und Schlitzen und verschlingt im Bedarfsfall auch mal einen Menschen. In getrockneter Form lässt sich dieses «Es» zu einer gefährlichen Droge verarbeiten, die im Haus eifrig konsumiert wird.
DDR-Krankenhaus von damals diente als Drehort
Die Menschen im Block leben nebeneinanderher, einige in prekären Verhältnissen, in miefigen Wohnungen: das alte Ehepaar neben Junkies, Neonazis neben frommen Biedermännern. Gemütlich ist anders. Hier tritt der verwitwete Jaschek (Charly Hübner) seine neue Stelle als Hausmeister an, verantwortlich für das technische Wohl vieler Hundert Wohnungen.
Mit ihm eingezogen ist sein Sohn Juri (Tristan Göbel, «Tschick»). Man begegnet einem Junkie-Paar (Lilith Stangenberg, Daniel Strässer) mit seinem namenlosen Baby, das verschwindet – im Müllschlucker? Der kleine Junge Dennis, Gefährte von Juri, ist auch plötzlich nicht mehr da. War er je real, oder existierte er nur für Juri, in seinem Wahn, als Illusion? Und was treibt die dubiose Gestalt namens Kater im Hausuntergrund zwischen tropfenden Heizungsrohren, Kabeln und Versorgungsschächten? Kater-Darsteller Alexander Scheer («Gundermann») ist kaum zu erkennen hinter Kapuze, Rauschebart und Zottelfrisur.
Die Produktion von «Hausen» hat einen einzigartigen Look für diese beklemmende Welt geschaffen. Während die Aussensicht des Blocks am Computer digital kreiert wurde, ist das Drinnen wirklich: Gedreht wurde auf insgesamt 2500 Quadratmetern im ehemaligen DDR-Regierungskrankenhaus und im Krankenhaus der Staatssicherheit bei Berlin. Unter anderem statteten die Filmemacher 17 verschiedene Wohnungen aus. Es geht durch Gänge und Schächte im labyrinthischen Haus, die Lichter flackern unheilschwanger. Viele visuelle Effekte sind mit analoger Technik erzeugt worden.
«Hausen» ist ein grosses Kammerspiel. Eine Horrorgeschichte, ein dunkles Märchen. Es lässt sich darin Tiefgründiges herauslesen, über soziale Verhältnisse, über Menschen, die oben oder unten sind. Alles ist getaucht in eine unheimliche Atmosphäre des Schauderns.
Hausmeister Jaschek sagt einmal zu seinem Sohn Juri: «Vielleicht ist dieser Ort wirklich nicht der richtige für uns.» Man darf aber getrost behaupten, dass er nicht der falsche ist für alle, die guten Grusel gerne haben.
Hausen
Regie: Thomas Stuber
2 DVDs/Blu-rays
8 Folgen à 60 Min.
(Eye See Movies/AV Visionen 2021)