Lange hörte man nichts von ihm. 2013 war es, als Regisseur Simon Baumann im Dokumentarfilm «Zum Beispiel Suberg» seinen Berner Wohnort satirisch beleuchtete, um herauszufinden, warum die 600-Seelen-Gemeinde in wenigen Jahrzehnten vom verschlafenen Bauerndorf zum Schlafdorf verkommen konnte.
Dieser persönliche und doch allgemeine Ansatz ist auch in «Wir Erben» präsent. Zum Beispiel, wenn Baumann zu Beginn des Films sagt: «Ich habe mich oft gefragt, wo mein Platz sein könnte neben so auffälligen Eltern.» Die beiden heissen Stephanie und Ruedi Baumann, sassen in den 90er-Jahren im Nationalrat und waren als linke Sprachrohre ebenso populär wie verhasst.
2001 wanderten die Baumanns nach Frankreich aus, um einen biologischen Landwirtschaftsbetrieb zu führen. Heute leiden sie unter zunehmender Gebrechlichkeit. «Meine Eltern wollen mit mir darüber reden, wie es weitergehen könnte mit dem Hof», sagt Simon Baumann. Er willigt ein, aber unter der Bedingung, «dass ich einen Film darüber mache». Und der hat es in sich.
Arbeiten führt nicht mehr zu Eigentum
Was tun mit dem abgelegenen Gut: verkaufen, vererben, verschenken oder verpachten? Der Regisseur spielt alle Gedanken durch, wägt Pro und Kontra ab und benennt Widersprüche. «Ich sehe Ackerland, Einsamkeit, Langeweile. Meine Eltern sehen Artenvielfalt, ökologisch wertvolle Hecken und pestizidfreie Böden.»
Im Austausch mit seiner Familie und deren spezifischem Background zeigt der Regisseur die ganze Problematik auf und sagt wie nebenbei: «Die Welt gehört heute denen, die erben. Durch Arbeit kommt fast niemand mehr zu Eigentum.» Viel präziser kann man eine private Nahaufnahme nicht ins Allgemeingültige drehen.
Wir Erben
Regie: Simon Baumann,
CH 2024 98 Min.,
ab Do, 30.1., im Kino