Im Film stellt er meist zerrissene Figuren dar – den unter mysteriösen Umständen umgekommenen Dorfpolizisten in der Erfolgsserie «Wilder» etwa oder den rastlosen Nazijäger in der SRF-Serie «Frieden». Beim Treffen in Solothurn wirkt Dimitri Stapfer hingegen gut gelaunt und gestikuliert lebhaft, wenn er von seiner Leidenschaft erzählt: der Schauspielerei und neuerdings auch der Filmregie. Bei einem Spaziergang entlang der Aare berichtet er von seinem Projekt «Das Maddock Manifest», das mit Schauspielkollege Benjamin Burger entstanden ist.
Im Lockdown haben die beiden Ideen ausgetüftelt, wie aus Burgers Soloperformance rund um den Künstler Hermann Maddock ein Film entstehen könnte. Als sich die Möglichkeit ergab, das damals verwaiste Theater Roxy in Birsfelden vom Dachstock bis zum Keller zu nutzen, haben sie kurzfristig eine Künstlercrew zusammengetrommelt und von Drehtag zu Drehtag die Geschichte weiterentwickelt. Entstanden ist ein atmosphärisch dichter, rätselhafter Film mit poetischen Bildern und stimmungsvoller Musik, der von einem systemkritischen Künstler auf der Suche nach Veränderung erzählt – gefangen in seiner Einsamkeit und in einer komplexen Welt, die er zu entschlüsseln versucht. Ein Film, der auch die Stimmung in der Pandemie treffend einfängt.
Der Zufall hatte die Finger im Spiel
Als Theater- und Filmschauspieler interessieren den in Zürich lebenden Oltner besonders «die Figuren, die scheitern». «Bei jeder Rolle muss ich auch meine eigene Seele durchforsten». Mit dem «Maddock Manifest» hat er nun die Seite gewechselt: «Die Kunst der Regie liegt darin, den Überblick zu behalten und gleichzeitig dem Schauspieler Sicherheit zu geben, dass er sich entfalten und intuitiv arbeiten kann.» Mit Benjamin Burger in der Rolle von Maddock hat er auf Anhieb «eine gemeinsame Ästhetik und Sprache gefunden». Auch beim Publikum in Solothurn sei der Film gut angekommen. «Ich war vor der Premiere extrem nervös, habe dann aber gemerkt, wie gut die Bilder auf der Leinwand funktionieren und wie die Zuschauer emotional mitgegangen sind.»
Auf einer zweiten Filmebene öffnet sich die klaustrophobische Atmosphäre im Theater und spielt in der Weite der Natur. Gedreht wurde im wilden Tessiner Onsernonetal, wo Stapfers Vater ein Grotto führt und er oft zu Gast ist. Zuweilen erinnert die Szenerie mit der verschneiten Berglandschaft, der Staumauer und dem Wohnwagen stark an «Wilder». «Völliger Zufall», lacht er und erzählt davon, wie ihm die Pöstlerin des Tals die schönsten abgelegenen Plätze gezeigt hat und sie auf ein Wohnmobil gestossen sind. Der Geisshirt, dem es gehört, stellte es der Crew spontan zur Verfügung. Schöne Zufälle, aus denen ein Filmexperiment entstanden ist, das von der Kreativität der jungen Filmszene zeugt.
Das Maddock Manifest
Kinodaten: www.filmbringer.ch
Stream: www.playsuisse.ch
Dimitri Stapfers Kulturtipps
Film
Lorenz Merz: Soul Of A Beast
«Ein extrem mutiger und bildgewaltiger Film. Da merkt man: Es kommt eine neue Generation von Filmschaffenden, die unkonventionell arbeitet.»
Film
Ramon & Silvan Zürcher: Das Mädchen und die Spinne
«Der Film hat eine fast architektonische Herangehensweise. Spannend, wie das Team mit den Figuren, dem Setting und der Standkamera umgeht.»
Film
Elie Grappe: Olga
«Nach diesem Film war ich plattgewalzt. Der hat mich richtig berührt – ich sass stocksteif im Kino, war völlig gebannt.»