Wie gross ist doch dieses künstlerische Spektrum. Es reicht von den Objekten des französischen Art-brut-Künstlers André Robillard über die verstörenden Frauenbilder der Südafrikanerin Marlene Dumas bis zu den Zeichnungen der Bieler Künstlerin Andrea Heller. Dieser Schweizer Kunstsommer bietet eine fantastische Vielfalt mit Inspirationen in allen Ecken der Schweiz. Deshalb lohnt es sich für Kulturbegeisterte, einmal eine längere Anreise für einen Museumsbesuch in Kauf zu nehmen, um ein Haus neu kennenzulernen, das man unter dem Jahr kaum je besuchen würde. Als Dreingabe winkt oft eine weitgehend unbekannte Ortschaft. Sei es die reizvolle Stadt Olten, die vielen nur Bahnhof sagt, oder Martigny, das allenfalls vom Weinkeller her bekannt ist.
Burgdorf
Andrea Heller
In der Kabinettsausstellung im Museum Franz Gertsch zeigt die bei Biel lebende Künstlerin Andrea Heller ihre Aquarelle und Tuscharbeiten auf Papier. Dazu baut die 40-jährige Gestalterin räumliche Objekte aus Glas, die sie in Beziehung zu ihren Papierarbeiten setzt. Die Schau vermittelt einen Einblick in das Schaffen einer Künstlerin, die besondere Aufmerksamkeit verdient. Auch das Aargauer Kunsthaus stellt sie gegenwärtig in der Gruppen-Ausstellung «Inhabitation» aus.
Paradoxie des Haufens
Sa, 4.7.–So, 8.11.
Museum Franz Gertsch Burgdorf BE
www.museum–franzgertsch.ch
Inhabitations
Bis So, 2.8.
Aargauer Kunsthaus Aarau
www.aargauerkunsthaus.ch
Riehen
Marlene Dumas
Ängstliches Misstrauen spricht aus dem Blick dieser Frau: Herkunft und Identität bleiben jedoch im Dunkeln. «Genetic Longing» nennt Marlene Dumas das in expressiven Farben gehaltene Ölgemälde. Die Fondation Beyeler widmet sich in einer Retrospektive dem Werk der 62-jährigen südafrikanischen Künstlerin – von den experimentellen Collagen über ihre ikonischen Gemälde und Zeichnungen bis zu neuen Werken. Im Mittelpunkt ihres Schaffens steht die Beschäftigung mit dem Menschen und seiner Zerbrechlichkeit. Oft bezieht sie sich in ihren verstörenden Bildern auf aktuelle gesellschaftliche Ereignisse und geht von dokumentarischen Fotografien aus.
The Image as Burden
Bis So, 6.9., Fondation Beyeler Riehen BS
www.fondationbeyeler.ch
Olten
Adolf Dietrich
Werke des Thurgauer Künstlers Adolf Dietrich (1877–1957) und seiner Zeitgenossen: Das Kunstmuseum Olten stellt den Maler mit Künstlern wie dem Basler Niklaus Stoecklin oder dem Aargauer Wilhelm Schmid vor. Dietrichs Œuvre zeichnet sich durch eine grossartige Vielfältigkeit aus. Er malte hervorragende Porträts, stimmige Stillleben oder spektakuläre Landschaftsdarstellungen wie hier der Bodensee aus der Sicht seines Wohnorts Berlingen.
Mit durchaus zeitgemässem Charakter
Bis So, 30.8.
Kunstmuseum Olten
www.kunstmuseumolten.ch
Münchenstein
Future Present
Das Baselbieter Schaulager lädt die Besucher auf eine Reise durch die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts ein. Es präsentiert einen Überblick der hochkarätigen Kunstsammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung. Die Ausstellung zeigt Werke von Künstlern wie Elizabeth Peyton, Robert Delaunay oder Bruce Nauman mit seinen verwirrenden Fluoreszenzröhren, die dem Betrachter hier eine entfremdete Sexualität vermitteln. In und um Basel sind aus Anlass der Ausstellung zudem Skulpturen von Dieter Roth oder Richard Serra zu sehen.
Future Present
Sa, 13.6.–So, 31.1.
Schaulager Münchenstein BL
www.schaulager.org
Lausanne
reGeneration3
Ein Hingucker ist dieses Foto von Jennifer Thoreson allemal.
Wobei sich als Clou die Katze am Fussende dieses Liebeslagers entpuppt. Das Foto «Soulmates» der jungen US-Künstlerin aus New Mexico ist Teil der Ausstellung reGeneration3, mit der das Musée de l’Elysée sein 30-jähriges Bestehen feiert. Rund 100 Kunsthochschulen in aller Welt sind dem Aufruf aus Lausanne gefolgt und haben 400 Einsendungen ihrer besten Studierenden eingereicht. 50 davon aus 25 Ländern sind diesen Sommer in Lausanne zu sehen. Die moderne Fotografie gehört zum Kerngeschäft des Elysée.
reGeneration3
Bis So, 23.8.
Musée de l’Elysée Lausanne
www.elysee.ch
Solothurn
Annatina Graf
Ihre Werke tragen prosaische Titel, sind aber von buchstäblich unergründlicher Poesie. «Moments 5» nennt Annatina Graf dieses Gemälde. Es ist, wie alle Werke der 50-jährigen Zürcherin, in raffinierter Mischtechnik gefertigt. Oft ausgehend von Fotos, die sie mehrfarbig übermalt oder – wie hier – zartsilbern lasiert, schafft Graf Zeugen von Bewegung, Flüchtigkeit, Vergänglichkeit. Momente eben, die sie nun in ihrer Wahlheimat Solothurn zeigt.
Traversata
Bis So, 30.8.
Kunstmuseum Solothurn
www.kunstmuseum-so.ch
Bern
Stein aus Licht
Zahlreiche Kunstschaffende haben sich vom Kristall inspirieren lassen: Das Kunstmuseum Bern zeigt Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und installative Arbeiten von der Romantik bis in die Gegenwart – von Caspar Wolf bis Meret Oppenheim, Paul Klee, Josef Beuys oder Marina Abramovic. Das Schweizer Künstlerduo Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger etwa lässt in der Ausstellung Kristalle wachsen: In ihrer «Kristallseelengärtnerei» züchten sie diese aus Kunstdünger und verschiedenen Salzen. Unter anderem lassen sie in Japan gesammelte Tränen kristallisieren. Während der Ausstellungsdauer lässt sich die Entwicklung der farbigen Kristallstrukturen verfolgen.
Stein aus Licht – Kristallvisionen in der Kunst
Bis So, 6.9., Kunstmuseum Bern
www.kunstmuseumbern.ch
Frauenfeld
André Robillard
Das Thurgauer Kunstmuseum stellt den französischen Art-brut-Künstler André Robillard vor.
Er baut seine Fantasie-Welten mit Abfall. Altmetall oder zerlegte Elektronik baut er zu Waffen, Satelliten und Tierskulpturen um. Der heute 84-Jährige Robillard weilte in seiner Jugend in einer psychiatrischen Klinik bei Orléans und begann damals aus Klebeband Gewehre zu basteln. Seither erweiterte er sein Themenspektrum – und liess sich von den Geheimnissen der Raumfahrt inspirieren.
Das Universum des André Robillard
Bis Mi, 12.8.
Kunstmuseum Thurgau
Kartause Ittingen
www.kunstmuseum.tg.ch
Vaduz
Schön, euch zu sehen!
Das Kunstmuseum Liechtenstein präsentiert zu seinem 15-jährigen Bestehen eine Auswahl von 160 Werken aus der grossen Sammlung mit namhaften Künstlern: Mario Merz, Matt Mullican, Rita McBride, Richard Serra, Donald Judd, Jannis Kounellis oder Joseph Beuys. Oder der 52-jährige Argentinier Fabian Marcaccio mit seinem «Lorraine Motel». Das Werk gehört zur Serie «American Stories» über wichtige Ereignisse der US-Geschichte. Im Lorraine Motel in Memphis wurde 1968 Martin Luther King erschossen.
Schön, euch zu sehen!
160 Werke aus der Sammlung
Bis So, 23.8.
Kunstmuseum Liechtenstein Vaduz FL
www.kunstmuseum.li
Biel
Michael Sailstorfer
Eine Katze, die in klassischer Wolfspose ein Neonlicht anheult? Ein typischer Sailstorfer! Der 36-jährige Konzeptkünstler aus Berlin hinterfragt in seinen oft multimedial konzipierten Installationen die Funktion der Skulptur. Mittels Alltagsgegenständen oder Artefakten der Gegenwart geht es ihm um das «Umdeutungspotenzial der Dinge» von reiner Materialität zu metaphysisch aufgeladener Kunst. Die «Solarkatze» ist Teil von Sailstorfers erster Museumsausstellung in der Schweiz.
Michael Sailstorfer
Sa, 4.7.–So, 13.9.
Centre PasquArt Biel
www.pasquart.ch
Thun
Christian Andersson
Gibt hier die Künstlerhand der Wachsmodellhand Feuer oder umgekehrt? Im Werk «Reanimator» spielt Christian Andersson (*1973) mit der griechischen Sage über Prometheus, der den Menschen das Feuer überbringt und damit einen Grundstein des kulturellen Schaffens legt. Der schwedische Künstler Andersson hinterfragt in seinen medienübergreifenden Installationen die gängigen Vorstellungen der westlichen Kulturgeschichte und von Universalwissen. Das Kunstmuseum Thun zeigt in der Einzelausstellung in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler seine alternativen Sichtweisen auf die Welt.
Christian Andersson – Legende
Bis So, 16.8., Kunstmuseum Thun
www.kunstmuseumthun.ch
Martigny
Henri Matisse
Die Fondation Pierre Gianadda lockt die Besucher mit der Ausstellung «Henri Matisse et son temps». Der nordfranzösische Künstler hatte die Farbe verinnerlicht, wie dieses Gemälde «Grosses rotes Interieur» belegt. Die Farbe Rot war für ihn zentral: Er sagte einmal, «alle Dinge erscheinen mir nur dann wirklich, wenn sie mit Rot in Verbindung stehen». Henri Matisse (1869–1954) war während Jahrzehnten ein Wegbereiter der zeitgenössischen Kunst, er beherrschte das Spiel der Farben perfekt wie kein Zweiter. Die Fondation Gianadda stellt den Meister zusammen mit Werkbezügen seiner Zeit aus.
Matisse et son temps
Sa, 20.6.–So, 22.11.
Fondation Pierre Gianadda
Martigny VS
www.gianadda.ch