kulturtipp: Warum sollte die dritte «Bestatter»-Staffel die hohen Erwartungen der Zuschauer erfüllen?
Mike Müller: Beim Produzieren sind vor allem die Erwartungen wichtig, die man an sich selber stellt. Wer meint, er kenne die Erwartungen der Zuschauer, stellt sich über sie.
Die Fernsehserie hatte bisher sehr gute Zuschauerquoten. Wie kommen Sie mit dem damit verbundenen Leistungsdruck klar?
Wenn man diesen Job macht, kommt immer ein bisschen Leistungsdruck auf einen zu. Das kann hilfreich sein und ist sicher kein Grund zum Heulen.
Als Bestatter Luc Conrad gehen Sie sehr gefühlvoll mit Ihren Mitmenschen um. Sie sind geduldig und zeigen Emotionen. Entspricht dieser Charakter auch Ihrem tatsächlichen Naturell?
Na klar, mein privates Umfeld schwärmt in einem fort von mir. Aber die dürfen dazu kein Wort zur Presse sagen.
Ihre Figur Luc Conrad mischt sich als ehemaliger Kommissar immer wieder in Angelegenheiten, die ihn eigentlich nichts angehen. Sind Sie auch ein so neugieriger Typ, der kaum zur Ruhe kommt?
Ich bin schon sehr neugierig, auch bei Sachen, die mich nichts angehen oder von denen ich nichts verstehe. Das ist in unserem Beruf nicht mal so schlecht.
Es gibt immer mehr TV-Krimis. Von der nordischen Gruselvariante über «Ein Fall für zwei» bis zum «Bestatter». Weshalb kommt die Schweizer Variante besonders gut an?
Das ist ein bisschen wie bei der Tagesschau. Da kommt die Schweizer Ausgabe auch besser an.
Seit sieben Jahren sind Sie in «Giacobbo/Müller» dabei. Viele Zuschauer finden den satirischen Wochenrückblick nicht mehr so witzig wie früher. Wäre es langsam an der Zeit aufzuhören?
Wir haben seit Beginn vor sieben Jahren konstante Quoten. Wenn es Zuschauer gibt, denen die Sendung nicht mehr gefällt, gibt es wohl auch neue, denen sie gefällt. Die Frage, ob wir aufhören, stellen wir uns selber jedes Jahr.
Andere sind der Meinung, Sie dürften etwas giftigere Pfeile abschiessen. Wie weit können Sie als Satiriker in einer SRF-Sendung überhaupt gehen?
Wir müssen die Inhalte jeder Sendung dem Bundesrat vorlegen. Im Anschluss stimmen die Fraktionen der Bundeshausparteien darüber ab und Roger de Weck macht auch noch den einen oder anderen Streichvorschlag.
Wie bringen Sie die Zuschauer nach sieben Jahren mit den satirischen Wochenrückblicken noch zum Schmunzeln?
Jede Woche bringt neue Themen, da ist es ein bisschen wurscht, ob man die Sendung erst ein Jahr oder schon sieben Jahre macht. Ab und zu muss man formale Dinge neu überlegen und sich einen Ruck geben, zum Beispiel eine neue Figur erfinden. Und «zum Schmunzeln» will ich niemanden bringen. Wir finden etwas lustig oder nicht. Die Kategorisierung von Schmunzeln, im Hals steckenbleibender Lacher und Schenkelklopfer überlassen wir grosszügig der Fernsehkritik.
Sie nehmen in der Sendung fast alles und jeden auf den Arm. Gibt es trotzdem satirische Tabuthemen für Sie?
Nein, es gibt halt viele Themen, zu denen einem nichts Lustiges in den Sinn kommen will. Oder kennen Sie einen guten Vergewaltigungswitz?
Sie halten sich für keinen besonders guten Moderator, obwohl Sie in einem «Blick»-Ranking den ersten Platz erreichten. Weshalb?
Diese Rankings sind so eine Sache. Als Komiker ist man nicht unbedingt ein Allround-Moderator. Das ist ein recht schwieriger Job, über den gerne gelästert wird. Beim SRF gibt es eine ganze Menge Moderatoren, die ihren Job sehr gut machen, und das könnte ich nicht.
Gibt es ein Thema, über welches Sie besonders gerne herziehen?
Bei einer Late-Night-Show gibt es Themen, die sich für das Format eignen und andere weniger. Das setzt auch eine gewisse politische und gesellschaftliche Haltung voraus. Aber die persönliche Weltsicht ist nicht abendfüllend. Niemand möchte jeden Sonntagabend die Privatmeinung der Herren Giacobbo und Müller vorgesetzt kriegen. Dafür halten wir uns für zu wenig wichtig.
Sie tanzen auf vielen Bühnen. Welche Arbeit machen Sie am liebsten?
Ich mag eine gewisse Mischung in meinem Leben. Und ich habe das Privileg, dass ich bei der Late-Night-Show, beim «Bestatter» und meinen Theaterprojekten mit verschiedenen Menschen arbeiten kann, die ich mag, die ich lustig finde und die viele Ideen haben. Am Schluss spiele ich irgendwas, aber die Entstehungsprozesse sind komplett unterschiedlich.
Ist es anstrengend, vor dem Publikum immer witzig sein zu müssen?
Es ist ein Job. Und jeder Job hat auch seine anstrengenden Seiten. Dem Bergbauern darf man die Anstrengung ansehen, uns nicht. Wir kriegen dafür höhere Direktzahlungen.
Erleben Sie als Satiriker auch mal unkreative Phasen?
Natürlich. Jeder hat da so seine Tricks. Nicht vom Pult aufstehen, bevor tausend Zeichen getippt sind, keinen weiteren Kaffee machen, nicht aufräumen. Oder vielleicht doch.
Mike Müller
Der Solothurner Schauspieler und Satiriker Mike Müller hat Philosophie studiert und dann den Weg auf die Bühne und vor die Kameras angetreten. Seit 2008 wirft er in «Giacobbo/Müller» jeden Sonntagabend einen satirischen Blick auf das wöchentliche Geschehen. Er hat in Schweizer Filmen wie «Mein Name ist Eugen» und «Dead Fucking Last» mitgespielt sowie auf der Theaterbühne die Schweizer Armee inspiziert. Seit 2013 ist Müller im «Bestatter» aussergewöhnlichen Todesfällen auf der Spur.
Der Bestatter
Start: Di, 6.1., 20.05 SRF 1