Die Königin des Falschsingens
Die schlechteste Sängerin der Welt wird im Kino gewürdigt. Florence Foster Jenkins (1868–1944) erscheint als tragisch-komische Figur. Unter der Regie von Stephen Frears brilliert Meryl Streep.
Inhalt
Kulturtipp 24/2016
Urs Hangartner
Eine Geschichte «nach wahren Begebenheiten», wie es im Vorspann zum Spielfilm von Stephen Frears heisst: Er berichtet von den späten Jahren von Florence Foster Jenkins (Meryl Streep). Die reiche Erbin tritt als Mäzenin auf und fördert das Konzertleben im New Yorker Verdi Club. Dabei lässt sie sich nicht nehmen, selber auf die Bühne zu schweben für ein kitschiges «Tableau vivant». Moderator der kulturellen Abende ist St. Clair Bayfield...
Eine Geschichte «nach wahren Begebenheiten», wie es im Vorspann zum Spielfilm von Stephen Frears heisst: Er berichtet von den späten Jahren von Florence Foster Jenkins (Meryl Streep). Die reiche Erbin tritt als Mäzenin auf und fördert das Konzertleben im New Yorker Verdi Club. Dabei lässt sie sich nicht nehmen, selber auf die Bühne zu schweben für ein kitschiges «Tableau vivant». Moderator der kulturellen Abende ist St. Clair Bayfield (Hugh Grant), Ehemann, Manager und eher erfolgloser «Schauspieler und Monologist». In der Garderobe fragt sie ihn, wie sie denn in ihrem (fürchterlichen) Walküre-Kostüm ausschaue. «Wunderbar», antwortet er ihr schmeichelhaft – auf Deutsch. Liebevoll nennt er seine Florence «Bunny» («Häschen»).
Florence Foster Jenkins will vermehrt selber singen. Dafür lädt sie zu einem Casting, um den geeigneten Pianisten zu finden. Die Wahl fällt auf den verdutzten jungen Cosmé McCoon (Simon Helberg). Er übt fleissig mit ihr und komponiert ein Stück für seine Arbeitgeberin. Die Schallplatte «Like A Bird» wird ausgewählten Musikliebhabern zugestellt und sogar im Radio gespielt. Es tönt nicht gerade «wie ein Vogel», mehr nach gequälter Katze. Ihr Gesangsvortrag spottet eigentlich jeder Beschreibung. Es ist eher ein Winseln und Jaulen. Jenkins kann weder Rhythmus noch Melodielinie halten. Sie trifft den richtigen Ton nie. Trotz alledem: Die reiche Dame glaubt in kindlicher Naivität fest an ihr – fehlendes – Talent.
Dann der grosse Tag im Oktober 1944. Foster Jenkins spendiert 1000 Freikarten für Kriegsheimkehrer, zum Dank für ihre vaterländischen Heldentaten. Grosses Gelächter ist der Lohn der «Sängerin» in der renommierten New Yorker Carnegie Hall. Der «Erfolg» des legendären Konzerts: Florence Foster Jenkins wird zum Stadtgespräch und definitiv Kult. Einen Monat nach ihrem katastrophalen Auftritt und entsprechend vernichtenden Kritiken stirbt Florence Foster Jenkins im Alter von 76 Jahren.
Meryl Streep beweist in ihrer Rolle als überdrehte, tragisch- komische Heldin Florence Foster Jenkins grosse Schauspielkunst, vor allem als «Sängerin». Denn nichts ist schwieriger, als so grottenschlecht daneben zu singen, wenn man es eigentlich richtig könnte.
Doku-Fiction zeigt Archiv-Aufnahmen
Ebenfalls ins Kino kommt die deutsch-schweizerische Koproduktion «The Florence Foster Jenkins Story» von Regisseur Ralf Pleger. Er verbindet in seiner Doku-Fiction sensationelle Filmfunde aus den Archiven mit fantastischen, nachgespielten Szenen. Hier verkörpert der US-amerikanische Opernstar Joyce DiDonato die historische Figur Foster Jenkins.
Kult blieb Foster Jenkins weit über ihren Tod hinaus. David Bowie etwa, selber ein begnadeter Sänger, verehrte zeitlebens das Falschsingen der Jenkins: Er zählte die Platte mit dem ironischen Titel «The Glory Of Human Voice» zu seinen 25 Lieblingsalben.
Florence Foster Jenkins
Regie: Stephen Frears Ab Do, 24.11., im Kino
The Florence Foster Jenkins Story
Regie: Ralf Pleger
Ab Do, 17.11., im Kino