Diese Frau macht, was sie will. Und sie spielt die Tastatur der Konventionen nach ihrem eigenen Gusto. Die 48-jährige österreichische Kammersängerin Angelika Kirchschlager ist die eigenständige Nummer in einem Musikbetrieb, der sich nach den stets vorgeschriebenen Formeln berechnen lässt.
Kirchschlager hat nun nach einem Besuch in Bern einen Auftritt im Stadttheater Olten. Da ist sie allerdings mit einem populären Programm zu sehen. So singt sie unter anderem den Fetzen «Wien, Wien nur du allein» von Rudolf Sieczynski oder «Kiss me Kate: Strange dear» («So in Love») von Cole Porter, Lieder also, die man fast mitsingen kann. Zu hören sind auch die «Tritsch-Tratsch-Polka» von Johann Strauss oder die Ouvertüre von Otto Nicolais «Die Lustigen Weiber von Windsor».
«Sage nein!»
Ganz anders dagegen die soeben zu Ende gegangene Tournee mit dem bayerischen Alt-68er Konstantin Wecker, den Kirchschlager schon als Jugendliche bewunderte. «Ich mag die radikalen Lieder. Dieses ‹Sage nein!›. Nein, nein – das ist in mir total drinnen», sagte sie in einem Interview mit dem Wiener «Kurier». Und sie doppelt mit dem Bekenntnis des verstorbenen Philosophen Stéphane Hessel: «Empört Euch!» nach. Kirchschlager hat in der österreichischen Parlamentswahl diesen Herbst wohl kaum für die ÖVP gestimmt.
Dabei scheint es sie nicht zu kümmern, dass die Kritik vom Duo Wecker/Kirchschlager nicht eben angetan war. So schrieb die «Presse» über einen Auftritt ungnädig: «Von Kirchschlager kam viel zu wenig, eigentlich gar nix.» Und das Blatt mokierte sich über einen ihrer «plakativen Wutbürgersongs» ganz im Stil Weckers. Kirchschlager sagt, wie jede selbstbewusste Künstlerin, dass sie keine Kritiken lese. Muss sie auch nicht, die Vorstellungen mit Wecker waren ausverkauft.
Kirchschlager studierte Schlagzeug und Klavier am Mozarteum in Salzburg, obwohl sie sich in jungen Jahren als Restauratorin sah, die mit Pinseln und Schabern in Barockkirchen Engelchen putzt. Doch in den 80ern wandte sie sich dem Gesang zu und besuchte die Wiener Musikakademie. Heute gehört sie zum österreichischen Musik-Establishment und fühlt sich anscheinend rundum wohl. So sagt sie gerne, dass ihr Sohn zu einem «wunderbaren Menschen herangereift ist, und dass die Wohnung abbezahlt ist». In dieser Reihenfolge.
Volksnah und direkt
Das sind grundsolide Lebensziele, die man gemeinhin nicht mit einer Operndiva in Verbindung bringt. Kirchschlager gibt sich denn auch volksnah, sagt immer wieder, dass sie gerne gut isst, einen hebt, hin und wieder sogar raucht. Aber sie kann auch Zähne zeigen, so bemerkte sie gegenüber dem «Kurier»: «Das Divenhafte habe ich auch, aber hinten im Rucksack. Das packe ich aus, wenn man mir respektlos begegnet oder glaubt, man könne mit mir Schlitten fahren.» So schön kann das eigentlich nur eine Österreicherin sagen.
Neujahrskonzert
Mi, 8.1., 19.30
Stadttheater Olten
Das Basler Kammerorchester spielt unter der Leitung von Eivind Gullberg Jensen. Mit Angelika Kirchschlager