Endlich sind sie da, die Dadaistinnen, die es lange nicht gab. Und es scheint, dass einige schon wirksam waren, bevor Dada da war. Dies geht aus dem zweiten Teil des Buches hervor, das die Kulturwissenschaftlerin Ina Boesch nicht nur dadaistischen Literatinnen, bildenden Künstlerinnen und Tänzerinnen, sondern auch Verlegerinnen, Mäzeninnen, Modellen und Musen widmet.
Vorreiterrolle
«Die Dada. Wie Frauen Dada prägten» beginnt mit einer Würdigung von Dadaistinnen, die von der Fachliteratur oft übergangen worden waren. Dann rufen die Autorinnen und Autoren die Verdienste von Künstlerinnen in Erinnerung, denen der Dadaismus in New York, Zürich, Berlin, Paris und Köln manche wichtige Anregung zu verdanken hat: Bekanntere wie Elsa von Freytag-Loringhoven, Sophie Taeuber-Arp, Hannah Höch und Unbekannte wie Céline Arnauld oder Angelika Hoerle.
Das Buch nimmt seinerseits eine Vorreiterrolle ein. Es kommt einer Flut von Neuerscheinungen über Dadaisten zuvor, mit der im Jubiläumsjahr 2016 zu rechnen ist. Wie es im Februar 1916 im Gründungslokal in Zürich zuging, schildert Herausgeberin Ina Boesch in ihrem Beitrag «Cherchez la femme» anschaulich. Ihre Beschreibung des verschollenen Gemäldes «Cabaret Voltaire» (1916) von Marcel Janco führt zur Entdeckung der Diseuse Emmy Ball-Hennings in einem Gewühl von Mitwirkenden und Besuchern.
Spannend lesen sich auch die leider nur spärlich bebilderten Porträts weiterer Aktivistinnen wie etwa der Malerin und Mäzenin Katherine S. Dreier. Ina Boesch rehabilitiert erstmals in deutscher Sprache jene Künstlerinnen, deren Beteiligung an dadaistischen Veranstaltungen mitunter fruchtbare Spuren hinterlassen haben.
Im informativen Buch wird auch auf Zusammenhänge zwischen schöpferischen Frauen aus der Mittel- und Oberschicht und verschiedenen Sparten hingewiesen. Für die lange Ignorierung der meisten Dadaistinnen werden häufig deren gesellschaftliche Randstellungen mitverantwortlich gemacht. Ihrer jüdischen Herkunft wegen, als Emigrantinnen oder als Lesben hatten viele von ihnen in den von Männern dominierten Dada-Kreisen einen schweren Stand.
Buch
«Die Dada. Wie Frauen Dada prägten»
Ina Boesch (Hrsg.)
164 Seiten
(Scheidegger & Spiess 2015).