Nicht Polo, Büne, Endo, Kuno oder Schmidi – für einmal regen sich andere musikalische Mundartisten. Fangen wir mit King Pepe aus Bern an, vom Blog kulturteil.ch tituliert als «der wohl schrägste und sicherlich beste Mundartmusiker der Gegenwart». Der Adelstitel ist das eine. Falsche Unbescheidenheit und ironisch angerichteter Grössenwahn wird lauthals gesanglich verkündet. So behauptet King Pepe in «King Pepe» selbstbewusst: «Uni singe wie dr Elvis u bi dopplet so beliebt», er sei bekannt wie Federer «u öppe ähnlech fit», der Jubel sei ihm gewiss, «aui Lüt rüefe mine Name, mängisch sogar d’Tier», er habe einen IQ wie Einstein und schreibe jeden Tag ein Buch.
Minimal-Poesie-Art
King Pepe (eigentlich Simon Hari) hat eine grenzenlose Tierliebe, die ihn bis zum Standesamt führen kann («Daisy»). Mit seinem Debüt-Album «Tierpark» ist er vollends aufs Zoologische gekommen. Da sind «Fründe» Liedgegenstand, wie man es nicht erwarten würde. Oder er kredenzt die textliche Miniatur «Lumaudilüta», das in schönster Minimal-Poesie-Art mit zwei Zeilen auskommt: «Lue mau die Lüt aa/Lüt mau dene Lüt aa.» Es ist ein grosser königlicher Mundart-Spass, der politisch und auch sonst wenig korrekt sein will.
Die Ursprünge der Band Stahlberger liegen in der Kleinkunst. 2009 hat der Ostschweizer Namensgeber Manuel Stahlberger den Salzburger Stier erhalten. Da war er aber bereits kein Kleinkünstler mehr und zum Sänger mit Band geworden. Nach dem Debüt «Rägebogesiedlig» (2009) kommt jetzt mit «abghenkt» ein würdiger Nachfolger. In «Heimat» singt er vom grossen Wort: «Viel Lüt säged am schönschte isch’s immer no dehei/Und viel Lüt säged nei». «Hüt hätter Wanderwätter» binnenreimt es in «Wanderwätter». Alles wandert, aber bitte ohne ihn. Hörbar wird es im «exotischen» St. Galler Dialekt. Die Band vereint kompetent Stile, bringt Stahlbergers Texte in abwechslungsreiche Sounds verpackt. Die Textarbeit ist von umwerfender Lakonik, die tiefgründige Poesie hat Wortwitz sondergleichen.
Latin-Fetzer und Rap
Textlich flott voran sprudelt es bei Männer am Meer (MAM), die auch im Hip-Hop geschult sind. MAM sind eine Berner Grossformation (neunköpfig) mit der Fähigkeit, eine schöne musikalische Vielfalt auszubreiten. Latin-Fetzer, Rappiges, Groove-Balladen, kurzum: Polystilistischer Mundartpop, überaus spielfreudig dargereicht auf ihrem Album-Opus drei «Mit Absicht». Wo es gleich zu Anfang heisst: «Afa isch no easy/aber dranne blibe ä Kunscht». Bernische Provinz-Sehnsucht bringen MAM in «Liebefeld» zum Ausdruck: «mä, mä, mä, me, me me läbt so/me, mä, mä, mäm, me, me tröimt so».
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Stahlberger
CD: abghenkt
(Irascible 2011).
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