«Der Revisor»: Mit bitterbösem Humor
In seiner grotesken Komödie «Der Revisor oder: Das Sündenbuch» treibt Lukas Linder die diffuse Angst vor dem Fremden auf die Spitze. Die Regisseurin Cilli Drexel inszeniert seine Parabel im Theater Basel.
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Kulturtipp 23/2017
Letzte Aktualisierung:
06.11.2017
Babina Cathomen
Die Schweiz in Watte gepackt – abgeschottet gegen Eindringlinge von aussen. So präsentiert sich das Land im neuen Stück des 33-jährigen Zürcher Dramatikers Lukas Linder. In der Inszenierung der deutschen Regisseurin Cilli Drexel waten die Schauspieler dementsprechend durch eine Berglandschaft aus Schaumstoff. Linder hat sich von Nikolai Gogols Komödie «Der Revisor» von 1836 inspirieren lassen. Während bei Gogol ein Wirtschaftsprüfer die D&o...
Die Schweiz in Watte gepackt – abgeschottet gegen Eindringlinge von aussen. So präsentiert sich das Land im neuen Stück des 33-jährigen Zürcher Dramatikers Lukas Linder. In der Inszenierung der deutschen Regisseurin Cilli Drexel waten die Schauspieler dementsprechend durch eine Berglandschaft aus Schaumstoff. Linder hat sich von Nikolai Gogols Komödie «Der Revisor» von 1836 inspirieren lassen. Während bei Gogol ein Wirtschaftsprüfer die Dörfler in Aufregung versetzt, ist es bei Linder ein Tourist mit seinem Tages-GA.
Ein gnadenloses Gesellschaftspanorama
Die Bewohner im pittoresken Dorf setzen alles daran, dem Neuankömmling seinen Aufenthalt zu vermiesen. Auf keinen Fall soll er sich hier wohl- fühlen – er könnte ja bleiben wollen. So gut es geht, vertuscht die Gemeinde ihren Wohlstand, deckt den Fremden mit Horrorgeschichten aus dem Dorf ein und führt ihn zu «Sehenswürdigkeiten» wie der stinkenden Kläranlage. Doch je länger der harmlose Tourist bleibt, desto mehr bekommen es die Dörfler mit der Angst zu tun. Schliesslich werfen sie den letzten Rest Menschlichkeit über Bord, um ihn loszuwerden …
«Lukas Linder zeichnet in seinem Stück ein scharfes und gnadenloses Porträt der aktuellen Zustände», sagt Regisseurin Cilli Drexel, die erstmals im Theater Basel inszeniert. «Die groteske Überhöhung ist ein Mittel, das er raffiniert nutzt, um den Blick auf zu kurz gedachte Vorgänge scharf zu stellen.» Der junge Dramatiker bedient sich eines bitterbösen, entlarvenden Humors, um gesellschaftliche Tendenzen in der Schweiz und anderen europäischen Ländern mit ihrer Abschottungspolitik aufzuzeigen. «Wie Gogol scheint auch Linder in seinem Stück auf eine ähnlich düstere und alarmierende Quintessenz über den moralischen Zustand der Welt zu kommen», sagt Drexel. «Die Dorfbewohner projizieren bis zum Schluss ihre Vorstellung des Andersartigen auf den Besucher, der in Wirklichkeit ein Tagestourist aus dem Dorf nebenan und genauso reaktionär wie sie selbst ist.»
Der Basler Musiker Elia Rediger hat für die Inszenierung Schweizer Volkslieder verfremdet und für einen Klagechor mit drei Damen komponiert.
Der Revisor oder: Das Sündenbuch
Premiere: Fr, 3.11., 20.00
Theater Basel