Viele kennen ein Mapplethorpe-Foto, ohne es zu wissen: Das Cover des ersten Albums «Horses» (1975) von Patti Smith hat Robert Mapplethorpe (1946–1989) fotografiert. Die Rocksängerin und der Künstler lernten sich 1967 in New York kennen und blieben für ein paar Jahre ein Liebespaar. Ihre Freundschaft dauerte ein Leben lang, bis zu Mapplethorpes Aids-Tod 1989.
Patti Smith hat ihrem Freund ein ganzes Buch gewidmet. In «Just Kids. Die Geschichte einer Freundschaft» (2010) erinnert sie sich an Mapplethorpe. Unter anderem mit diesen Zeilen: «Er war ein verschmitztes Kerlchen, dessen sorglose Jugend zart angehaucht war von der Begeisterung für alles Schöne. (. . .) Er war anmutig und schüchtern, doch zugleich ein unbeirrbarer Charakter. Schon in ganz jungen Jahren regte sich in ihm die Lust am Aufbegehren.»
Von Madonna über Iggy Pop bis Schwarzenegger
Patti Smith und Robert Mapplethorpe lebten zusammen im legendären New Yorker Künstlerhotel Chelsea. Hier frönten sie auch ihrer Kunst. In einem ganz bestimmten Zimmer, das ganz in Weiss gehalten war, entstanden Bilder und Filme. Oscar Wilde und der eine Generation jüngere Jackson Pollock sollen bereits in diesem Zimmer gewohnt haben. Patti Smith tritt im neuen Film «Mapplethorpe: Look At The Pictures» selber nicht auf; man hört lediglich ihre Stimme und sieht sie in alten Filmaufnahmen zusammen mit dem Fotografen.
Nicht nur Patti Smith, auch viele andere: Robert Mapplethorpe hat sie alle fotografiert, die berühmten Menschen aus Pop, Kunst, Film und Literatur. Laurie Anderson, Talking Heads, Yoko Ono, Madonna, Marianne Faithfull, Iggy Pop, Grace Jones, Truman Capote, William S. Burroughs, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Willem de Kooning oder Louise Bourgeois. Ein ungewöhnliches Mapplethorpe-Motiv: Arnold Schwarzenegger als Bodybuilder im Jahr 1976.
Mapplethorpe wurde berühmt, gut verkauft – und berüchtigt. Vor allem seine homoerotischen Bilder sorgten für Kontroversen. Die einen lobten sie als grosse Fotokunst, für andere war es Pornografie. Der Film dokumentiert etwa die Aufregung inklusive Demonstration anlässlich einer posthumen Werkschau. Konservativ-religiöse Gruppen protestierten öffentlich gegen die Ausstellung, der Galerist wurde gar wegen Verbreitung von Pornografie angeklagt – und freigesprochen.
Nach seinem Tod künstlerisch rehabilitiert
Der Nachlass von Mapplethorpe, darunter rund 120 000 Fotografien, befindet sich heute im Getty Museum in Los Angeles. Der Wert der Sammlung wird auf 228 Millionen Dollar beziffert – nach seinem Tod spätestens ist Mapplethorpe künstlerisch «rehabilitiert».
Der Film porträtiert den Künstler mit zahlreichen filmischen und TV-Dokumenten seiner verschiedenen Schaffensphasen, mit Aussagen von Weggefährten, Galeristen, Freunden, Liebhabern, Models, von Schwester Nancy und Bruder Edward, der selber Fotograf ist. Ein gelungener Künstlerfilm und ein schönes Stück Zeitgeschichte.
Mapplethorpe: Look At The Pictures
Regie: Fenton Bailey & Randy Barbato
Ab Do, 10.11., im Kino