Der Maler, der sich hinter Masken versteckte
Begegnung mit einem, der an sich selbst verzweifelte: Das Basler Kunstmuseum zeigt die Schau
«Die überraschten Masken» des belgischen Malers James Ensor.
Inhalt
Kulturtipp 04/2014
Letzte Aktualisierung:
05.02.2014
Rolf Hürzeler
Sein Lieblingsmodell war er selbst. Als wollte der Belgier James Ensor (1860–1949) seiner eigenen Person auf die Spur kommen, malte er unz.hlige Selbstportr.ts. Aber der Künstler suchte in sich nicht die idealisierte Eigendarstellung, sondern das Absonderliche und Verzweifelte. So ersetzte er im Bild «The Painting Skelton» sein zuerst gemaltes Gesicht durch einen Schädel. Das ist zumindest in den Erläuterungen des Königl...
Sein Lieblingsmodell war er selbst. Als wollte der Belgier James Ensor (1860–1949) seiner eigenen Person auf die Spur kommen, malte er unz.hlige Selbstportr.ts. Aber der Künstler suchte in sich nicht die idealisierte Eigendarstellung, sondern das Absonderliche und Verzweifelte. So ersetzte er im Bild «The Painting Skelton» sein zuerst gemaltes Gesicht durch einen Schädel. Das ist zumindest in den Erläuterungen des Königlichen Museums für schöne Künste von Antwerpen über James Ensor zu lesen. Dieses Haus mit der grössten Ensor-Sammlung steht im Umbau und hat nun die Werke auf Reise nach Basel geschickt. Das Kunstmuseum zeigt unter dem Titel «Die überraschten Masken» 50 Gemälde und ebenso viele Zeichnungen, die zu einem grossen Teil aus diesem Bestand kommen.
Inspirierendes Daheim
James Ensor kam in Ostende zur Welt; sein Vater war Engländer, die Familie der Mutter führte einen Souvenirladen. Er sei zwischen «Muscheln, Spitzen und ausgestopften Fischen… einem unüberschaubaren Sammelsurium» aufgewachsen, schreibt er in einem Brief und war überzeugt, dass ihn diese Umgebung künstlerisch inspirierte. Der Belgier studierte an der Kunstakademie von Brüssel, kehrte aber bald nach Ostende zurück, wo er bis zu seinem Lebensende blieb, obschon er die Stadt nicht mochte. Er war im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen materiell unabhängig. Denn James Ensor war auch Unternehmer, profitierte von Läden, war mehrfacher Hausbesitzer und zeitweilig Finanzinvestor. Zuerst stand Ensor künstlerisch der Freilichtmalerei nahe; er wandte sich jedoch zusehends Studien mit dem Licht zu. In der zweiten Hälfte der 1880er begann er dann, Masken und Skelette in unzähligen Variationen zu malen. Diese, für die Zeit ungewöhnlichen Sujets sollten zu seinem Markenzeichen werden.
Ungnädige Kritik
Allerdings musste Ensor mit einer ungnädigen Kritik leben, die ihn an sich selbst und der Welt verzweifeln liess. So fand eine Reihe von Zeichnungen, die er 1887 im Salon XX in Brüssel zeigen konnte, wenig Anerkennung. Im gleichen Jahr starben sein Vater und seine Grossmutter, denen er sehr nahestand. In dieser Zeit wandte Ensor sich den maskenhaften Fratzen zu, hinter denen man wohl weniger Hass auf die Kritiker als umso mehr Selbsthass vermuten darf. Ensor fühlte sich trotz seiner Sesshaftigkeit künstlerisch nicht dem Lokalen verpflichtet. Er entdeckte den damals in Europa populären Japonismus für sich – eine von der japanischen Kultur beeinflusste Bewegung, die in der gesamten Gesellschaft Anklang fand – und entwickelte diese Anregungen weiter. Die Basler dokumentieren auch diesen Aspekt seines Schaffens mit einer Auswahl von Bildern. Nachdem das Berner Kunstmuseum letztes Jahr einzelne Werke von James Ensor zeigte, präsentiert das Kunstmuseum Basel nun eine umfassende Schau dieses faszinierenden belgischen Künstlers mit seinen Masken. Exakt zu der Zeit, in der die Stadt selbst von Masken heimgesucht wird, wie Ostende mit seinem Karneval eine Woche früher.
Die überraschten Masken:
James Ensor
So, 16.2.–So, 25.5.
Kunstmuseum Basel
Ermässigtes SBB RailAway-Kombi für die Ausstellung «Die überraschten Masken: James Ensor» im Kunstmuseum Basel erhältlich am Bahnhof oder beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. vom Schweizer Festnetz) sowie online auf www.sbb.ch/ensor