«Ich war eiskalt, habe keine Gefühle zugelassen, hatte eine Härte. Ich kann es nicht wieder gutmachen, was ich anderen Menschen angetan habe, leider Gottes.» Das sind Worte des 59-jährigen Andreas Marquardt – Ausdruck von Einsicht, Reue, Schuld.
Über zwei Jahrzehnte galt Andreas Marquardt als ein gefürchteter Zuhälter in Berlin. Acht Jahre hat er gesessen, verurteilt wegen Zuhälterei, Menschenhandel und Waffenbesitz. Die Gefängnisjahre sind für ihn eine Zeit der Läuterung. Er besucht auf eigenen Wunsch eine Therapie und publiziert die Autobiografie «Härte – Mein Weg aus dem Teufelskreis der Gewalt».
Gewalt begleitete sein Leben. Gewalt, die er anderen angetan hat. Er schlägt seine Geliebten. Allen voran Marion, die tagsüber im Büro arbeitet und in der Nacht anschaffen geht. «Für mich waren alle Frauen nur noch Miststücke, Dreck», sagt Marquardt vor der Kamera. Und: «Je brutaler ich zu den Frauen war, desto mehr sind sie mir hinterhergerannt. Ich begreife es bis heute nicht.»
Mit nötiger Distanz
So weit, so schlimm. Was Marquardt zum ersten Mal in seinem Leben dem Therapeuten im Knast gesteht und im Buch beschreibt, ist die himmeltraurige Kindheit. Der sadistische Vater quält den kleinen Andreas. Seine Mutter missbraucht das Kind sexuell, seit es sechs Jahre alt ist. Da zeigt sich Marquardt unversöhnlich: «Ich hasse meine Eltern noch heute bis aufs Blut.» Man beginnt zu verstehen, wieso der Geschlagene selber zum Schläger wurde.
Regisseur Rosa von Praunheim inszeniert biografische Stationen nach; schwarz-weiss in bühnenbildartigen, stark stilisierten Dekors. So schafft er die nötige Distanz. Und dennoch sind diese Gewalt-Bilder, die subtilen wie die handfesten, von schierer Unerträglichkeit. Weil sie eine Wirklichkeit zeigen, und weil sie gut gespielt sind. Zu nennen ist vor allem Katy Karrenbauer als Mutter, verantwortlich für Marquardts Kindheitshölle. Hanno Koffler spielt den jungen Marquardt als verletzten und verletzlichen Menschen. Luise Heyer interpretiert Marion Erdmann als Leidende und doch immer Liebende. Marquard und Marion sind bis heute zusammen; sie hat ihrem Andreas während all der Jahre die Treue gehalten.
Marquardt spricht im Film selbstbewusst vor der Kamera. Er ist zum Wohltäter geworden. Heute unterstützt er eine Stiftung, die sich für missbrauchte Kinder einsetzt. Der mehrmalige Karate-Champion Marquardt trainiert täglich 80 bis 100 Kinder und Jugendliche zwischen 4 und 15 Jahren in Karate. Sie sollen sich wehren können, wenn man ihnen wehtun will.
«Härte» ist schwere Kost. Aber der semi-dokumentarische Film gibt im besten Sinn zu denken, weil er in Abgründe abtaucht, die man nicht für wahr halten würde.
Härte
Regie: Rosa von Praunheim
Ab Do, 3.9., im Kino