David Foenkinos: Rätselhaftes Vermächtnis
Der französische Autor David Foenkinos hat über die nahezu unbekannte jüdische Malerin Charlotte Salomon eine zärtliche Biografie verfasst.
Inhalt
Kulturtipp 26/2015
Letzte Aktualisierung:
21.12.2015
Renata Schmid
Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte: Der Roman «Charlotte» erzählt das wahre Leben einer Frau, die mit 26 Jahren, im 5. Monat schwanger, im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wird. Die eigentliche Liebesgeschichte steht aber nicht im Buch, sie entwickelte sich vielmehr zwischen dem 38-jährigen französischen Verfasser David Foenkinos und der verstorbenen Künstlerin aufgrund ihres Werks.
Foenkinos ist per Zufall auf das schicksalsträ...
Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte: Der Roman «Charlotte» erzählt das wahre Leben einer Frau, die mit 26 Jahren, im 5. Monat schwanger, im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wird. Die eigentliche Liebesgeschichte steht aber nicht im Buch, sie entwickelte sich vielmehr zwischen dem 38-jährigen französischen Verfasser David Foenkinos und der verstorbenen Künstlerin aufgrund ihres Werks.
Foenkinos ist per Zufall auf das schicksalsträchtige Leben der deutschen Jüdin gestossen. In Paris besuchte der Schriftsteller und Regisseur vor Jahren eine Ausstellung mit Werken Charlotte Salomons und war tief beeindruckt. «Ihre Gouachen zu sehen, war ein amouröses Erlebnis für mich, die künstlerische Manifestation all dessen, was mich fasziniert.»
Jahrelange Recherche
Foenkinos recherchierte acht Jahre lang. Er besuchte Salomons Lebensstationen in Frankreich und Berlin. Er suchte nach Zeitzeugen und erfuhr Beeindruckendes von jener Frau, die ein bildstarkes, weitgehend unbekanntes Werk hinterliess.
Charlotte Salomon wird 1917 in Berlin geboren. Ihre Mutter nimmt sich das Leben, als das Mädchen neun Jahre alt ist. In den Vorkriegsjahren beginnt sie mit ihrem Studium an der Berliner Kunstakademie, verlässt diese aber, als man ihr wegen der jüdischen Herkunft den Ersten Preis aberkennen will.
1939 zieht Charlotte zu ihren Grosseltern nach Südfrankreich. Der Freitod der Grossmutter wirft die junge Frau in eine tiefe Krise. Auf Anraten eines Bekannten beginnt sie, wieder zu malen, und erzählt ihr ganzes Leben in über 1000 Bildern. 1943 übergibt sie dieses Werk einem Freund mit den Worten: «Das ist mein ganzes Leben.» Kurz darauf wird sie von einer Nachbarin denunziert.
Für das Schreiben dieser beachtenswerten Biografie hat der Autor einen eigenwilligen Stil entwickelt. Auf jeder Zeile beginnt ein neuer Satz. Was aussieht wie ein Gedicht, ist Prosa in Reinformat. Und liest sich nach anfänglicher Irritation leicht und locker – trotz aller Tragik.
David Foenkinos
«Charlotte»
240 Seiten
(DVA 2015).