Daniel Schenker, 59, Musiker und Informatiker: «Ich improvisierte auf der Blockflöte»
Der Jazztrompeter Daniel Schenker zelebriert Musik als vielfältige Persönlichkeit. Der Musiker ist auch Hochschuldozent, Bandleader und App-Entwickler.
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Kulturtipp 26/2022
Frank von Niederhäusern
«Hast du gewusst, dass in Beethovens ‹Egmont›-Ouvertüre eine Tonfolge zu hören ist wie von einem Jazzbass?» Daniel Schenker lächelt und präzisiert: «Eine Turnaround-Linie – 1/6/2/5.» Nun ist der Musiker und Informatiker in seinem Element. «Spannend» finde er solche Entdeckungen, die er beim Hören von klassischer Musik sehr oft mache. Musik begleitet den Zürcher seit der Kindheit. «Meine Mutter sang in ...
«Hast du gewusst, dass in Beethovens ‹Egmont›-Ouvertüre eine Tonfolge zu hören ist wie von einem Jazzbass?» Daniel Schenker lächelt und präzisiert: «Eine Turnaround-Linie – 1/6/2/5.» Nun ist der Musiker und Informatiker in seinem Element. «Spannend» finde er solche Entdeckungen, die er beim Hören von klassischer Musik sehr oft mache. Musik begleitet den Zürcher seit der Kindheit. «Meine Mutter sang in Chören und hörte zu Hause Klassik», erinnert er sich. «Sie schwärmte für den französischen Trompeter Maurice André.»
So sei er selbst zur Trompete gekommen – mit zehn Jahren. Diesem Instrument ist Schenker treu geblieben. Er spielte alles von Dixieland über Salsa bis zum Jazz. Wobei: «Improvisiert habe ich schon als Kind auf der Blockflöte.» Was man mit dieser Freiheit im Umgang mit Tönen alles anstellen könne, habe er aber erst bei Miles Davis und Charlie Parker gelernt. Nach seinem ETH-Abschluss als Informatiker wechselte er deshalb nach Bern an die Swiss Jazz School.
Eine Weile entwickelte er tagsüber Computerprogramme und spielte abends Konzerte. Dann wurde er Dozent an der Jazzschule Zürich, gründete eigene Bands, spielte mit anderen und stand oft im Plattenstudio. Schenker ist auf 70 CDs zu hören. «So kippte mein Leben von der Informatik zur Musik», kommentiert er und setzt nach: «Was ich nicht bereue.»
«Beim Improvisieren bin ich nicht am Rechnen»
Daniel Schenker erzählt dies alles beim Kaffee im Bistro Chez Toni. Nebenan sitzen Studenten der Zürcher Hochschule der Künste. Denn dort arbeitet Schenker heute als Dozent für Trompete und Gehörbildung. Das Weitergeben von Wissen und von Erfahrung prägt auch sein Engagement als Co-Leader des Zurich Jazz Orchestra (ZJO). Dort besetzt er die Stellen und ist Mittelsmann zwischen den Musikern und Leader Ed Partyka. Manchmal spielt er selbst oder leitet die Shows am Theater Rigiblick. Für das ZJO hat er auch schon arrangiert – eine «Riesenbüez» sei das. Weit lieber komponiere und arran- giere er für sein Quartett, das zuweilen zum Quintett wird, wenn sein New Yorker Freund Chris Cheek mitspielt.
Die Informatik hat Daniel Schenker übrigens nicht aufgegeben. Gemeinsam mit seinem 18-jährigen Sohn Elia hat er eine App zur Gehörbildung entwickelt. Wo aber sind die Berührungspunkte von Musik und Informatik? Schenker denkt lange nach – dann bringt er seine Gedanken auf den Punkt: «Beim Improvisieren bin ich nicht am Rechnen. Beim Komponieren schon eher. Wenn ich komponiere, ist das zu zehn Prozent Kreativität, der Rest ist Arbeit.»
Zurich Jazz Orchestra
Mit Robben Ford Do, 15.12., 20.30 Moods Zürich
Mit Duke Ellingtons «Nutcracker Suite»
So, 18.12., 18.00 Theater Rigiblick Zürich
www.zjo.ch
www.danielschenker.ch
App
ET – Ear Trainer
www.eliaschenker.com/ET_App