Dani Fohrler ist noch etwas zerknautscht an diesem Interview-Morgen und entschuldigt sich für seine «Corona-Frise». Am Abend vorher hat er mit seinem Mann und Freunden seinen 53. Geburtstag gefeiert. Das gesellige Zusammensein habe er in dieser Quarantäne-Zeit am meisten vermisst, sagt er übers Video-Telefon aus seinem Zuhause in Solothurn.
Das persönliche Live-Gespräch ist auch beruflich das Markenzeichen des SRF-Moderators. In Radiosendungen wie «Persönlich» und «Treffpunkt» bringt er die Menschen mit sanftem Nachdruck zum Erzählen. «Gut zuhören, Vertrauen aufbauen und die richtigen Fragen stellen», nennt er sein Erfolgsrezept. Bei den «Persönlich»-Sendungen der letzten Monate, die im «sterilen Studio» stattfanden, hat ihm das Live-Publikum gefehlt. «Die Zuschauer bringen mit ihren Reaktionen eine besondere Energie in eine Gesprächsrunde, sie geben den Gästen eine Bestätigung oder lösen ihre Nervosität.»
Sein Interesse für die Menschen und für das Medium Radio hat sich schon früh gezeigt. Im «Einkaufslädeli» seiner Eltern hat Dani Fohrler jeweils den Gesprächen der Kunden gelauscht und mit dem Kassettenrekorder eigene Sendungen aufgenommen. Später konnte er sich beim Aufbau des Solothurner Radio 32 ausleben. Der Live-Moment fasziniert ihn am Radio besonders. «Die besten Sendungen kommen oft dann zustande, wenn es nicht nach Plan läuft – dann passiert das echte Leben, dann wirds spannend!» Schweissausbrüche gehören freilich dazu, sagt er und verwirft die Hände.
Besonders vom Fernsehen würde er sich aber ein wenig mehr Mut wünschen «für Live-Geschichten, die auch mal aus dem Lot fallen können». «Fernsehen ist in den letzten Jahrzehnten sehr designt worden – die Perfektion hat viel gekippt im Bereich des Zwischenmenschlichen und Risikofreudigen.» Situationen, wie er sie Ende der 90er bei TV3 in seiner Sendung «Fohrler live» erlebt hat, wo es manchmal turbulent zu und her ging, gibt es heute weniger. Dennoch will er die früheren Zeiten nicht idealisieren. Während Interviews früher oft im Plauderton gehalten wurden, seien sie heute temporeich und dramaturgisch aufgebaut.
Seit 30 Jahren ist Dani Fohrler vollberuflich Moderator, ist nach «Abenteuern im Fernsehuniversum» wieder zum Radio zurückgekehrt. Die Begeisterung fürs Radiomachen wie damals als 16-Jähriger ist geblieben: «Ich sitze einfach gern am Mischpult, ich habe ein gutes Gefühl im Bauch!» Nun stehen aber zunächst Tessin-Ferien an – als corona-bedingter Ersatz für New York. Vor der Abreise muss er sich noch zwei Gäste fürs nächste «Persönlich» überlegen. Besonders interessieren ihn Gesprächspartner mit Lebensgeschichten, die nicht lupenrein sind, Brüche drin haben. «So gesehen wäre ich selbst kein guter Kandidat fürs ‹Persönlich›», sagt er mit breitem Lachen, «ich habe ja immer dasselbe gemacht!»
Persönlich
Dani Fohrler im Gespräch mit Philosophie-Professor Christian Wüthrich und Kunsthandwerkerin Joëlle Müller
So, 28.6., 10.03 Radio SRF 1
Dani Fohrlers Kulturtipps
Online-Radio
SRF: Zwei am Morge
«Die Online-Morgenshow der Schweiz – gemacht von Mitt-zwanzigern. Sie zeigen auf erfrischende Art andere Perspektiven auf das Tagesgeschehen.»
Buch
Mattias Edvardsson: Die Lüge (Limes 2019)
«‹Die Lüge› ist eine fesselnde Geschichte von einer Pfarrersfamilie, in der die 19-jährige Tochter unter Mordverdacht steht. Zum Verschlingen!»
CD
Missing Sounds of New York (NYPL 2020)
«In Corona-Zeiten hat sich die Stadtbibiliothek von New York etwas Spezielles einfallen lassen. Weil es sehr ruhig geworden ist, hat man die typische Geräuschkulisse der Stadt in einem «Album» zusammengestellt. Für mich die perfekte Playlist, weil ich meinen New-York-Besuch absagen musste.»