Bereits vor 1900 erschienen ­in den Sonntagsausgaben US-amerikanischer Zeitungen farbige Comic-Beilagen. Mit Beiträgen, die noch heute zu den ­Höhepunkten der Comic-Geschichte zählen. Einer, der Bilder schuf, die es so weder vorher gab, noch nachher wieder geben sollte: Winsor McCay, Zeichenvirtuose und Meister im Erschaffen von Fantasiewelten.

Sonntag für Sonntag veröffentlichte Winsor McCay ab 1905 seine Hauptserie «Little Nemo in Slumberland». Im Lauf der Jahre erschienen insgesamt 420 märchenhaft-poetische Traumreisen, die stets nach dem gleichen Muster abliefen: Der kleine Junge Nemo taucht im Schlaf ins Schlummerland ein, wo er bisweilen surreal anmutende Abenteuer erlebt. Am Ende, im letzten Bild der Seite, erwacht er regelmässig aus seinen Träumen, die nicht nur idyllisch sind. Manchmal leidet er unter regelrechten Albträumen.


Trickfilm-Pionier

McCay zeichnete seine Comic-Seiten virtuos und experimentierte mit gewagten Bildkompositionen. Er gestaltete Stadtlandschaften und Architekturen mit schwindelerregenden Pers­pektiven in einem Strich, der vom Jugendstil inspiriert war.

Nicht nur im Reich des unbewegten Bildes hat McCay Klassisches geschaffen. Er hat auch den Zeichentrickfilm erfunden. Jedenfalls gelten die zwei Minuten seines animierten «Little Nemo» aus dem Jahre 1911 als der Beginn dieses Mediums.  Drei Jahre später folgte «Gertie The Trained Dinosaur». McCay führte den Streifen persönlich auf der Bühne vor. Er waltete dabei als Dompteur mit Peitsche, der den Dinosaurier auf der Filmleinwand dirigierte. Nach seinem gezeichneten Schiffskatastrophenfilm «The Sinking Of The Lusitania» (1918) zog sich McCay enttäuscht von der Trickfilmindustrie zurück: «Der Zeichentrickfilm sollte eine Kunstform sein, so habe ich ihn ersonnen. Aber ihr Burschen habt eine Ware daraus gemacht, eine üble Sache.»